16.06.2012 Diverses

Facebook: Benutzerdaten eine zukünftige Goldgrube für Facebook?

Facebook verzeichnet gegenwärtig mehr als 900 Millionen monatlich aktive Benutzer weltweit, die täglich enorm viele Interaktionen in und ausserhalb von Facebook tätigen. Durch das zunehmend grösser werdende Facebook-Ökosytem und die anhaltend wachsende Benutzerbasis nehmen auch die Benutzeraktivitäten weiter zu. Wenn man bedenkt, dass jede Benutzerinteraktion auf den unzähligen Servern von Facebook festgehalten wird, kann man sich […]

Aldo Gnocchi
6 Min. Lesezeit
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Facebook verzeichnet gegenwärtig mehr als 900 Millionen monatlich aktive Benutzer weltweit, die täglich enorm viele Interaktionen in und ausserhalb von Facebook tätigen.

Durch das zunehmend grösser werdende Facebook-Ökosytem und die anhaltend wachsende Benutzerbasis nehmen auch die Benutzeraktivitäten weiter zu. Wenn man bedenkt, dass jede Benutzerinteraktion auf den unzähligen Servern von Facebook festgehalten wird, kann man sich vorstellen, dass enorme Datensätze in den Datenbanken von Facebook angesammelt werden. Eine der grossen Herausforderungen vieler Unternehmungen sind “Big Data” – enorm grosse Datenmengen die kaum mehr mit Daten-Management-Tools verarbeitet werden können. Doch gerade hier könnte sich ein sehr lukratives Geschäft für Facebook ergeben, dass das gegenwärtige Ertragsmodell – Verkauf von Werbeanzeigen – lächerlich aussehen lassen könnte. Was ist denn für Facebook lukrativer als Werbeanzeigen zu verkaufen? Ihr ahnt es wahrscheinlich schon.

Facebook Data Team: Eine strategisch wichtige Abteilung bei Facebook

In einem hochspannenden Artikel der Technology Review mit dem Title “What Facebook Knows” ging der Autor Tom Simonite auf die schier unendlichen Mengen von Benutzerdaten, die Facebook zur Verfügung stehen ein und gab einen Einblick zu den Tätigkeiten des Facebook Data Teams. Ich habe letztes Jahr bereits zwei Artikel zu den Erkenntnissen des Data Teams publiziert bei denen es um die Rolle von sozialen Netzwerken in der Informationsverbreitung sowie die Memology 2011 ging. Diese Erkenntnisse zeigten bereits sehr schön auf, wie die vorhandenen Facebook-Benutzerdaten verwendet werden können um sozialwissenschaftliche Erkenntnisse zu gewinnen. Zugegebenermassen waren die Ergebnisse der Memology 2011 kein enormer Wissenszuwachs für die Wissenschaft, doch können auf Grund solcher Daten Trends in der Gesellschaft wiederspiegelt werden, die beispielsweise für das Kommunikationsmanagement sehr hilfreich sein können.

Interessanter waren die Ergebnisse zur Verbreitung von Informationen in sozialen Netzwerken. Es konnte aufgezeigt werden, dass die sogenannten “weak ties” entgegen der Vermutung, dass Informationen von engen Freunden eher geteilt werden, dazu führen, dass es zu keinen “Echokammern” kommt, bei denen alle Facebook-Freunde die selben Informationen konsumieren und weiterteilen. Doch woran forschen die Sozialwissenschaftler des Facebook Data Teams denn sonst noch? Ist das Data Team etwa nur dafür zuständig uns mit interessanten Studien zu versorgen, quasi als soziales Engagement von Facebook für die Wissenschaft? Wohl kaum.

Das Facebook Data Team versucht aus den unzähligen Daten Schlüsse zu ziehen, wie menschliches Verhalten funktioniert. Beispielsweise interessiert es die Forscher, wie sich neue Features in sozialen Netzwerken verbreiten. Dadurch kann es Facebook gelingen seinen Konkurrenzvorsprung gegenüber anderen Social Networks weiter voran zu treiben. Aber auch die Sozialwissenschaften können auf Grund dieser Erkenntnisse sehr grosse Fortschritte machen – etwa um herauszufinden warum sich Menschen so verhalten wie sie es tun. Doch mit diesem Wissen können auch Werber profitieren. Es wird für Werber einfacher Menschen zu manipulieren – auch wenn das gegen die Vorstellungen der Mitarbeitenden des Facebook Data Teams ist. Facebook kann mit diesem Wissen jedoch auch neue Produkte – etwa neue Werbeformate – anbieten.

Cameron Marlow, der beinahe alle Informationen die Facebook sammelt analysiert ist der Meinung, dass die Bemühungen des Facebook Data Teams sehr sinnvoll sind – sowohl aus wirtschaftlichen Aspekten als auch für die Forschung – da: “The biggest challenge Facebook has to solve are the same challenges that social science has” (Technology Review, What Facebook Knows, July/August 2012). Es gehe darum zu verstehen, wieso gewisse Ideen oder Trends sich von wenigen Individuen aus verbreiten und universal werden andere jedoch nicht. Auch die Frage zu welchem Ausmass zukünftige Handlungen ein Produkt vergangener Kommunikation mit Freunden ist. Die Klärung dieser Fragen kann Facebook dabei helfen seine Produkte zu verbessern. Auf Grund gefundener Korrelationen können Benutzerentscheidungen besser getroffen werden – etwa Entscheidungen dazu auf welche Werbeanzeigen man mehr oder weniger stark reagieren wird.  Im Gegensatz zu Googles Werbemöglichkeiten sind Facebook Ads weniger effektiv, da Benutzer nicht gezielt nach einem Produkt suchten, respektive zu einem gegebenen Zeitpunkt an dem man eine Facebook Werbeanzeige sieht möglicherweise keine Kaufabsicht hat. Mit Hilfe ausgewerteter Benutzerdaten könnte es Facebook gelingen seinen Benutzern Werbungen einzublenden die ein Bedürfnis ansprechen, bevor diese realisieren, dass sie dieses Bedürfnis haben.

Das heisst Das Benutzerverhalten könnte Aufschlüsse darüber geben, welche latenten Bedürfnisse von Personen abgedeckt werden könnten. Das wäre für jeden Marketer oder Werber eine sehr wünschenswerte Situation. Die Manipulation der Facebook-Benutzer sei jedoch nicht das Ziel der Arbeiten des Facebook Data Teams, es ginge nicht darum Möglichkeiten zu entwickeln um Menschen zu manipulieren, sondern darum zu verstehen wie Kommunikationsmuster in der Gesellschaft funktionieren. Dadurch soll die Plattform für die Benutzer noch besser werden. Marlow meint: “Our goal ist to understand it [Kommunikationsmuster] so we can adapt our plattform to give people the experience they want.” (Technology Review, What Facebook Knows, July/August 2012).

Facebook hat Einfluss auf seine Benutzer

Es wurden bereits einige (manipulative) Massnahmen respektive Experimente auf Facebook gemacht. Ein Beispiel dafür war die Möglichkeit sich bei Facebook als Organspender zu outen, wie hier im Blog thematisiert wurde. Benutzer konnten in ihrer Timeline angeben, dass sie Organspender sind (sichtbar in der Timeline) – dadurch wurde im Umfeld der Benutzer ein sozialer Druck aufgebaut, der dazu führte, dass Organspendeanmeldungen sich in 44 Staaten (USA) verdreiundzwanzigfachten. Ähnliches wurde bei den “Midterms” (US Wahlen) gemacht. Dies wurde ebenfalls bei Freunden der Benutzer promoted und führte dazu, dass die Wahlbeteiligung stark zunahm. Geht es hier darum Einfluss zu nehmen oder die Benutzer bewusst mit sozialem Druck zu manipulieren? Nein meint Marlow: “We want to be a platform that others can use to initiate change” (Technology Review, What Facebook Knows, July/August 2012). So lange die Veränderungen von positiver Natur sind, ist das kein Problem, doch auch negative Veränderungen könnten damit initiiert werden.

Facebook Datacenter (Quelle: Facebook)

Facebook Datacenter (Quelle: Facebook)

Wenn “Big Data” nützlich aufbereitet werden können

Wie erwähnt, verfügt Facebook über unvorstellbar viele Benutzerdaten. Doch was nutzen diese Daten, wenn sie so komplex und so umfangreich sind, dass herkömmliche Softwaresysteme diese nicht sinnvoll auswerten können? Viele Unternehmen verfügen über Unmengen von Daten, können diese aber nicht in nützliche Informationen umwandeln. Facebook hat hier möglicherweise einen strategischen Vorteil, wenn es um die Datenaufbereitung geht. Viele der weltweit besten Software und Hardware Ingenieure arbeiten bei Facebook und haben basierend auf Opensource Softwareprodukten ein eigenes Datenspeicherungs- und Analysesystem entwickelt, dass es ermöglicht Big Data sinnvoll auszuwerten. Jeff Hammerbacher, ein früherer Arbeitskollege von Marlow meint: “The tools and techniques the company has developed to handle large volumes of information could become a product in their own right.” (Technology Review, What Facebook Knows, July/August 2012). Das Werbebusiness ist verglichen mit den denkbaren Kommerzialisierungsmöglichkeiten, die in aufbereiteten Benutzerdaten steckt, nur ein “Sprössling”. Der Verkauf von Wissen in anonymisierter und aggregierter Form könnte für viele Unternehmen ein hoch interessantes Produkt sein mit dem Facebook sehr viel Geld verdienen könnte.

Solange dadurch weder die Benutzer verärgert noch Gesetze gebrochen werden, würde dem Verkauf von bereinigten und aggregierten Daten nichts im Wege stehen. Für viele Applikationsanbieter und kostenlose Webservices ist der Verkauf von Daten (Insights) die durch das Benutzerverhalten generiert werden bereits jetzt zentraler Bestandteil ihres Geschäftsmodells. Ob Facebook Benutzerdaten kommerzialisieren wird, ist unklar. Marlow meint: “It’s hard to predict where we’ll go, because we’re at the very early stages of this science.” weiter meint er “The number of things that we could ask of Facebook’s data is enormous.” (Technology Review, What Facebook Knows, July/August 2012).

Ob Facebook das Potential seiner unzähligen Daten ausschöpfen wird ist völlig unklar. Die Intention wurde noch von keiner offiziellen Stelle bestätigt. Dieses hochlukrative Geschäft mit den Daten könnte Facebook zwar enorm viel Geld in die Kassen spülen jedoch gleichzeitig dazu führen, dass innerhalb kürzester Zeit enorm viele Benutzer, aus Angst vor einem Datenmissbrauch, die Plattform verlassen würden.

Grosses Potential könnte in der Beratung von Unternehmen liegen, die das Big Data Problem in den Griff bekommen möchten – ein lukrativer Business Service. Wie Facebook sein Ertragsmodell erweitern wird, um der Forderung nach Rendite gerecht zu werden, ist noch völlig offen. Eines ist jedoch klar: Daten sind das neue Gold!

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