14.08.2012 Statistiken / Insights

Facebook: Studie “Welche Inhalte auf Facebook funktionieren” – ein paar Gedanken

Laufend werden neue Studien rund um Facebook Marketing publiziert, seit Kurzem ist auch eine neue Studie “Welche Inhalte auf Facebook funktionieren – Facebook Postings von Consumer Brands und Retail Brands unter der Lupe” erhältlich, welche durch die FH Johanneum und die Agentur vi knallgrau erstellt wurde. Die Studie basiert auf der Auswertung von 100 Facebook […]

Thomas Hutter
8 Min. Lesezeit
3 Kommentare

Laufend werden neue Studien rund um Facebook Marketing publiziert, seit Kurzem ist auch eine neue Studie “Welche Inhalte auf Facebook funktionieren – Facebook Postings von Consumer Brands und Retail Brands unter der Lupe” erhältlich, welche durch die FH Johanneum und die Agentur vi knallgrau erstellt wurde. Die Studie basiert auf der Auswertung von 100 Facebook Seiten von B2C Brands aus dem DACH Raum (51% DE, 46% AT, 3% CH), bzw. 2324 Facebook Postings während 28 Tagen im April/Mai 2012. Die Definition und Methodik der Studie ist detailliert beschrieben. Die nachher in den Aussagen und in der Infografik verwendete Messgrösse “Viralität” wurde wie folgt definiert ((Likes + Shares + Kommentare)/Fanzahl)*100 (“Bemerkungen zur Studie” beachten)

Kernaussagen der Studie

  • Durchschnittlicher Viralitätsfaktor der Postings: 0,23%
  • Durchschnittliche Fanzahl der Pages: 112.000 Fans
  • Durchschnittliche Postingzahl pro Page: 23,24 Postings innerhalb von 28 Tagen
  • Eine hohe Postingfrequenz wirkt sich auf die Viralität signifikant negativ aus
  • Uhrzeit: Die besten Viralitätswerte werden am Vormittag und nach der Arbeit erzielt
  • Wochentag: Obwohl am Wochenenden teils die höchsten Viralitätswerte erzielt werden können, werden diese von Unternehmen bisher nur selten genutzt
  • Textlänge: Die klassische Kommunikationsregel „Keep It Short“ gilt umso mehr auf Facebook. Postings sollten unter 4 Zeilen gehalten werden
  • Postingform: Gut funktionieren Bilder, Facebook-Umfragen, Foto-Galerien und doppelt breite Postings. Links und Videos wirken sich negativ auf die Viralität aus
  • Themen
    Am besten funktionieren die Kategorien „Customer Insights gewinnen“, „Unternehmensnews“, „Gewinnspiele“, sowie Alltagsthemen. Produktthemen wie „Promotion/Aktionen“ und „Produktinformationen/Produktwerbung“ weisen unterdurchschnittliche Viralitätswerte auf. Unternehmen setzen allerdings häufig gerade auf solche Kategorien, die weniger gut viral funktionieren. HR Themen weisen den niedrigsten Viralitätsfaktor auf
  • Textbezogene Kriterien
    Fragen, sowie Aufforderungen an die Nutzer, die häufig eingesetzt werden, können den Viralitätsfaktor nicht signifikant steigern
  • Eigenschaften der Aussage
    Besonders wichtige Eigenschaften von Facebook Postings sind „einfach“, „konkret“ und „emotional“. Postings, die Emotionen auslösen können beispielsweise rund 2/3 höhere Viralitätswerte aufweisen

Infografik

Infografik zur Studie (Quelle: knallgrau.at)

Infografik zur Studie (Quelle: knallgrau.at)

Die Studie kann auf Slideshare aufgerufen oder bei vi knallgrau heruntergeladen werden.

Bemerkungen zur Studie

Die Studie ist bemerkenswert detailliert beschrieben, was leider von vielen anderen publizierten Studien nicht behauptet werden kann. Wie bei vielen Studien wird aber auch hier eine Momentaufnahme aufgezeigt, bei der Betrachtung einer anderen Zeitperiode können entsprechend unterschiedliche Ergebnisse auftauchen.

Viralität

In der Studie wird Viralität als prozentuales Verhältnis der Likes, Shares und Kommentare zu einem Beitrag definiert ((Likes+Shares+Kommentare)/Fanzahl)*100. Meiner Meinung nach wurde hier allerdings nicht die Viralität, sondern die Interaktionsrate definiert. Der Begriff der Viralität müsste meiner Meinung nach differenziert Betrachtet werden. Bei der Messung der Viralität der Beiträge dürften Likes, Shares und Kommentare nicht gleichwertig behandelt werden, da die Sichtbarkeit im Newsfeed von Facebook ungleich ausgeprägt ist. Während Shares im Normallfall im Standard-Newsfeed ersichtlich sind, werden Likes und Kommentare in den meisten Fällen nur im Ticker angezeigt, entsprechend unterschiedlich ist die Halbwertzeit dieser Interaktionen.

Nicht berücksichtigte Aspekte

Bei dieser Studie konnten leider einige extrem relevante Aspekte nicht berücksichtigt werden:

  • Community-Management
    Wie gut wurde das Community-Management in den letzten Monaten betrieben?
    Besteht eine interaktionsfreudige/passive Community?
    Wurden auf den entsprechenden Seiten im Vorfeld Content Tests zur Evaluierung der Interessen der Community-Mitglieder durchgeführt?
  • Reichweite der Beiträge
    Wie hoch war die Reichweite der Beiträgen – erreichen die Beiträge die Fans der Seiten, bzw. wie hoch sind die durchschnittlichen Verbreitungszahlen der ausgewerteten Beiträge?
    Wurden einzelne Beiträge der Seiten durch Facebook Page Post Ads oder Facebook Story Ads (z.B. Page Post Like Story) durch die Unternehmen verstärkt?

Gerade durch gutes Community-Management und gleichzeitigem gezielten Einsatz von Page Post und Page Post Like Story Ads können Interaktionen extrem erhöht, bzw. bei schlechtem Community Management und Verzicht auch Ads gesenkt werden. Ein Vergleich ohne Berücksichtigung dieser Aspekte ist leider wie der Vergleich von Äpfel und Birnen.

Abweichende Erfahrungen

Bei einigen der getroffenen Aussagen bin ich mir nicht sicher, ob die Studie auch aus Facebook Marketing Sicht fachmännisch begleitet wurde. Ich gehe mit einigen der in der Studie gemachten Aussagen einig, muss allerdings anhand gemachter Erfahrungen und auch auf Grund technischer, bzw. reglementarischen Gegebenheiten diversen Punkten widersprechen , bzw. diese relativieren:

Bewusstsein zur Zielsetzung: Links und Videos wirken sich negativ auf Viralität aus
Für viele überraschend, aber umso wichtiger, ist das Ergebnis, dass sich sowohl Links
als auch Videos in Facebook Postings negativ auf deren Viralitätswerte auswirken. Das
bedeutet zwar nicht, dass diese nicht mehr eingesetzt werden sollten (Links können
durchaus trotzdem Traffic generieren), weiterverbreitet werden solche Inhalte jedoch via
Facebook kaum.

Nackt publizierte Links und Videos bringen in den wenigsten Fällen Interaktionen, werden allerdings Links und Videos mit kurzen Texten und Handlungsaufforderungen ergänzt, können durchwegs ähnliche Interaktionswerte wie bei Bildern erzielt werden.

Potentiale besser nutzen: Foto-Galerien und Facebook-Umfragen
Einige Postingformen, wie etwa Foto-Galerien oder Facebook-Umfragen, aber auch
Pinned Postings werden verhältnismäßig selten eingesetzt, obwohl sie zu besseren
Viralitätswerten führen können.

Foto-Galerien wie auch Umfragen (Questions) bringen durchaus gute Interaktionsraten. Die Interaktion auf Galerien kann beim gezielten Einsatz von Texten und Links auf einzelnen Bildern in der Galerie noch einmal deutlich erhöht werden. Pinned Postings sind interesssant für eine erhöhte Aufmerksamkeitserzeugung beim Besuch einer Facebook Seite, da aber die mit Abstand am meisten Interaktionen nicht auf der Facebook Seite sondern vielmehr im Newsfeed stattfinden, wird die Wirksamkeit überschätzt.

Content Strategie: Unternehmen setzen oft auf die falschen Themen
Customer Insights einzuholen, also Social Media für Feedback zu nutzen, funktioniert besonders gut auf Facebook. Unternehmen nutzen diese Chance allerdings viel zu selten. Nur 3,4% aller Postings entsprechen dieser Kategorie. Stattdessen wird stark auf Produktthemen gesetzt, die jedoch nicht zu hohen Viralitätswerten führen. Gewinnspiele sind eine der wenigen Kategorien, die sowohl hohe Viralitätswerte aufweisen, als auch häufig eingesetzt werden. HR Themen wie Recruitment und Employer Branding funktionieren auf allgemeinen Brand-Pages am schlechtesten von allen Kategorien.

Customer Insights sind gut und recht, allerdings dürfen diese in einer Content Strategie nicht eine Lead-Rolle übernehmen. Auch mit gut genutztem Storytelling können Produktethemen lanciert werden, die durchaus Interaktionen erzeugen. Gewinnspiele an der Pinnwand durchführen ist auf Facebook tabu, bzw. gemäss den Seiten Richtlinien verboten. Werden nur reine “Gewinnspiel-Ankündigungen” (mit Links auf die entsprechenden Applikationen) publiziert, dürfte sich die Anzahl der Interaktionen in Grenzen halten.

Fragen und Aufforderungen: Weniger sinnvoll als oft gedacht
Der weit verbreiteten Meinung, Fragen sowie Aufforderungen an die Nutzer würden Social Media Inhalte erfolgreicher machen, wird durch die Zahlen dieser Studie widersprochen.
Der Viralitätsfaktor kann hier nicht signifikant gesteigert werden. Immerhin jedes Viertes Posting enthält eine Frage, beziehungsweise eine Aufforderung. Unternehmen dürfen diese also getrost seltener einsetzten, da sie von Nutzern durchaus als lästig empfunden werden können. Einzig direkte Aufrufe zum konkreten „liken“ oder kommentieren scheinen – laut anderen Studien9 – zu mehr User Aktivität zu führen.

Meine Erfahrungen sind genau gegenteilig zur in der Studie gemachten Aussage. Der gezielte Einsatz von Fragen und Handlungsaufrufen kann bei einer gut funktionierenden und aktiven Community die  Interaktion um ein Mehrfaches steigern. Selbstverständlich soll diese Form der Community-Aktivierung nicht dauern eingesetzt werden, das “Nerv-Potential” ist durchwegs hoch, trotzdem darf die gezielte Interaktionsförderung durch Fragen und Handlungsaufrufe nicht unterschätzt werden.

Postingfrequenz: Weniger ist mehr
Facebook Brandpages, die seltener posten, erzielen signifikant höhere Viralitätswerte.
Tägliches Posten oder öfter ist für die Viralität nicht hilfreich.

Auch hier habe ich je nach Thema und Seite sehr unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Mit Sicherheit kann eine zu hoch angesetzte Publikationsfrequenz die Viralität senken, die Summe aller Interaktionen dürfte aber bei täglich publizierenden Seiten  höher liegen als bei einer tieferen Frequenz.

Doppelte Breite
Gezielter Einsatz von doppelt breiten Postings ist empfehlenswert. Zentrale Erkenntnisse: Postings, die über die ganze Breite der Timeline gehen, erzielen einen um 41% signifikant höheren Viralitätsfaktor. Rund 10% aller Postings werden bisher in doppelter Breite gesetzt. Fazit: Die Möglichkeit für doppelt breite Postings sollte genutzt werden. Ein übermäßiger Einsatz könnte jedoch abnützend wirken. Die doppelte Breite sollte daher gezielt für Postings gewählt werden, für die Prominenz besonders wichtig ist und deren Inhalte dafür visuell geeignet sind.

Mit doppelter Breite sind hier hervorgehobene Beiträge in der Chronik gemeint. Ich gehe grundsätzlich einig, dass wichtige Beiträge in der Chronik hervorgehoben werden sollen. Allerdings hat das Hervorheben von Beiträgen keinen Einfluss auf den Newsfeed von Facebook und dort spielt ja bekanntlich in Richtung Interaktion die Musik.

Facebook-Umfragen
Auch bei Facebook-Umfragen liegt ein großes ungenutztes Potential. Zentrale Erkenntnisse: Facebook Umfragen weisen einen besonders hohen, signifikanten Vorteil (139%) gegenüber anderen Postings auf. Deutschsprachige B2C Unternehmen nutzen die Postingform allerdings kaum. Nur 1,5% aller Postings sind Facebook Umfragen. Fazit: So wie bei Foto-Galerien wird das große Potential von Facebook-Umfragen von deutschsprachigen B2C Unternehmen derzeit kaum genutzt.

Facebook Umfragen haben durchaus ein sehr hohes Interaktionspotential, die Viralität ist bei Fragen durchwegs signifikant höher, da Fragen im Gegensatz zu Kommentaren und Likes in den meisten Fällen prominent im Newsfeed und unabhängig der Profileinstellungen des Nutzers in der eigenen Chronik öffentlich angezeigt werden.

Facebook Offers / Angebote
Facebook Offers müssen erst langfristig getestet werden. Zentrale Erkenntnisse: Die Werte von Facebook Offers sehen zwar auf den ersten Blick vielversprechend aus, allerdings werden sie in der Datenbasis (Consumer- und Retailbrands im deutschsprachigen Raum) so selten eingesetzt, dass sich keine valide Aussage über die Signifikanz dieses Kriteriums treffen lässt. Fazit: Facebook Offers werden im deutschsprachigen Raum noch praktisch nicht eingesetzt. Eine valide Aussage über das Funktionieren dieser neuen Posting-Form kann noch nicht getroffen werden.

Die Aussage ist absolut richtig, Facebook Offers oder auch Facebook Angebote standen in einer ersten Beta-Phase nur einer beschränkten Anzahl von Facebook Seiten zur Verfügung und wurde bis jetzt von Facebook noch nicht weiträumig ausgerollt.

Fazit

Studien sind nette Instrumente um sich einen allgemeinen Überblick zu verschaffen, müssen aber genau hinterfragt werden und ersetzen aber nie eigene Versuche und bereits gemachte Erfahrungen. Ausgeklügelte Content Strategien, ein hervorragendes Community Management und der gezielte Einsatz von Facebook Ads können die Interaktion (oder wie in der Studie bezeichnet “Viralität”) auf einer Facebook Seite um ein Mehrfaches erhöhen.

 

 

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