11.02.2014 Seiten / Pages

Facebook: Like Fraud, Klickfarmen und mysteriöse Fans

Seit gestern kursiert ein neues Video unter dem Titel “Facebook Fraud” des Videobloggers Derek Muller, bekannt auf YouTube als Veritasium. Er spricht im Video über gemachte Erfahrungen mit Facebook Ads zur Fangewinnung und zeigt auf, dass Likes aus “Clickworker”-Länder wie Bangladesh, Sri Lanka, Indien, Philippinen oder aber auch Ägypten keinerlei Interaktionen bringen. Über entsprechende Klickfarmen haben […]

Thomas Hutter
8 Min. Lesezeit
5 Kommentare

shutterstock_156017459Seit gestern kursiert ein neues Video unter dem Titel “Facebook Fraud” des Videobloggers Derek Muller, bekannt auf YouTube als Veritasium. Er spricht im Video über gemachte Erfahrungen mit Facebook Ads zur Fangewinnung und zeigt auf, dass Likes aus “Clickworker”-Länder wie Bangladesh, Sri Lanka, Indien, Philippinen oder aber auch Ägypten keinerlei Interaktionen bringen. Über entsprechende Klickfarmen haben die Kollegen von allfacebook.de im August einen Beitrag geschrieben. Gleichzeitig zeigt er im Video auf, dass auch eine von ihm speziell für Tests angelegte Katzenseite trotz Zielgruppen-Targeting “komische” Fans erhielt.

Das Video

Das Video wurde vom Veritasium am 10.02.2014 auf YouTube veröffentlicht.

 

Wie Muller in seinen eigenen Tests feststellen konnte, stammen viele Klicks, bzw. Likes möglicherweise von Klickfarmen. In solchen Klickfarmen klicken “Clickworker” den ganzen Tag auf Like-Buttons von Facebook Seiten  und schaffen so künstliche Verbindungen mit dem Ziel die Fananzahl von einzelnen Seiten in die Höhe zu treiben. Dies geschieht in den meisten Fällen im Auftrag von Dienstleistern, die sich auf den Kauf von Fans spezialisiert haben. Mit diesen Aktionen verstossen entsprechende Dienstleister und Klickfarmen gegen die Nutzungsbedingungen von Facebook. Facebook schreibt dazu in der Hilfe:

Kann ich „Gefällt mir“-Markierungen für meine Facebook-Seite kaufen?

Nein. Bestimmte Webseiten versprechen, große Mengen an „Gefällt mir“-Meldungen für Deine Seite zu generieren, wenn Du Dich registrierst und ihnen Geld gibst. Diese Webseiten arbeiten in der Regel mit irreführenden Praktiken und es handelt sich um Scams. Personen, denen Deine Seite auf diese Weise gefällt, sind für Deine Seite wertlos, da sie sich nicht wirklich für die Inhalte Deiner Seite interessieren. Wenn das Spam-System von Facebook feststellt, dass Deine Seite in Verbindung mit dieser Art von Aktivitäten steht, werden Limits für Deine Seite eingerichtet, um weitere Verstöße gegen unsere Erklärung der Rechte und Pflichten zu verhindern.
Du kannst für Werbeanzeigen und gesponserte Meldungen zahlen, um für Deine Seite zu werben, damit mehr Personen sie sehen. Das kann Deiner Seite zu mehr „Gefällt mir“-Meldungen verhelfen. Werbeanzeigen und gesponserte Meldungen sind nicht das gleiche, wie der Kauf von „Gefällt mir“-Angaben.
Wie Muller im Video erklärt, liken Mitarbeiter dieser Klickfarmen wahllos Seiten damit das automatische Kontrollsystem von Facebook nicht so einfach erkennen kann, ob es sich um Fake Accounts oder normale Konten handelt.
Auch erklärt Muller, dass mit zunehmender Fanzahl die Interaktion auf der Facebook Seite gesunken ist, bzw. die Interaktion der Nutzer aus den Entwicklungsländer nahezu bei null angelangt ist. Dieser Umstand ist nichts neu und auch das Hauptproblem bei gekauften oder nicht themenaffinen Fans – siehe dazu auch den Beitrag aus dem Jahre 2011 “Facebook: Warum die Anzahl der Fans nicht entscheidend ist“. Ob allerdings der Einbruch der Interaktion abhängig vom Seitenwachstum, der gesammelten Fake-Fans oder aber euch mit dem verstärkten Wettbewerb im News Feed oder der grundsätzlich schwächeren Leistung von Page Post Links zu YouTube Videos im Vergleich zu Facebook Videos (die Seite Veritasium postet hauptsächlich Links zu YouTube Videos) zusammenhängt, bleibt offen. Mit Sicherheit kann jedoch behauptet werden, dass bei Menschen, die viele Seiten liken, entsprechend auch die Konkurrenz um den Platz im News Feed proportional oder sogar überproportional wächst, die Chance wahrgenommen zu werden entsprechend  auch sinkt.

Auch Probleme bei “normalen” Facebook Ads

Bei seinen Tests, wofür er eine spezielle Testseite “Virtual Cat” eingerichtet hatte, hat Muller jedoch festgestellt, dass auch bei offizielen Facebook Ads viele der Liker aus Klickfarmen stammen müssen. Diese Ads wurden über die Funktion “Seite bewerben” mit Targeting auf Katzenliebhaber in den Ländern USA, Canada und UK, aufgegeben. Gemäss Muller konnten jedoch auch hier sehr komische Fans festgestellt werden, die hunderte von Facebook Seiten geliked haben.

Was sagt Facebook dazu?

Auf meine Anfrage bei Facebook erhielt ich von einer Facebook Sprecherin folgende Information:
Fake likes don’t help us.  For the last two years, we have focused on proving that our ads drive business results and we have even updated our ads to focus more on driving business objectives.  Those kinds of real-world results would not be possible with fake likes.  In addition, we are continually improving the systems we have to monitor and remove fake likes from the system.   

Just to be clear, he created a low quality Page about something a lot of people like – cats.  He spent $10 and got 150 people who liked cats to like the Page.  They may also like a lot of other Pages which does not mean that they are not real people – lots of real people like lots of things.

Frei übersetzt bedeutet dies in etwa:
Falsche Likes helfen Facebook nicht. Der Fokus in den letzten zwei Jahren lag darin, dass Ads Unternehmen Resultate bringen müssen und Facebook hat in diese Richtung viele Anpassungen vorgenommen, dass Ads noch weiter auf Business-Ziele ausgerichtet werden. Diese Art von echten Resultaten sind mit falschen Likes nicht möglich. Zusätzlich arbeitet Facebook laufend daran, das System zur Erkennung von falschen Likes zu verbessern und entsprechende Likes zu entfernen.
Der Klarheit halber, er (Muller) hat eine Seite mit einer tiefen Qualität über ein Thema erstellt, was ganz viele Leute mögen – Katzen. Er hat $10 ausgegeben um 150 Fans zu generieren. Diese Menschen gefallen ganz viele andere Seiten, was nicht bedeutet, dass diese keine realen Menschen sind – ganz viele Menschen lieben viele Dinge.

Hintergrundwissen ist bei Ads notwendig

Aus dem Video geht leider nicht hervor, wann diese Tests durchgeführt wurden. In der Anfangsphase der automatisierten Ads Erstellung mit Promoted Post (2. Semester 2012) und Promoted Pages (1. Semester 2013) sind immer wieder Meldungen bei uns eingetroffen, dass Werbetreibende sich über viele Klicks und Likes aus Asiatischen Ländern beklagt haben. Schuld daran waren meiner Meinung nach nicht sauber funktionierende Ländertargetings, bzw. automatisierte Vorgaben, welche automatisch auch “Freunde von interagierenden Nutzern” angesprochen haben. Die Unterschiede zwischen manuell über den Werbeanzeigenmanager oder Power Editor erstellten Facebook Ads oder der automatisierten Variante mit Promoted Posts und Promoted Pages habe ich in diesen beiden Artikel erklärt:
Facebook: Beitrag hervorheben vs. Page Post Ads
Facebook: Promoted Page Like Ads oder was passiert, wenn ich auf “Seite bewerben” klicke?

Ein wichtiger Fakt im Zusammenhang mit den automatisiert erstellten Ads über Promote Page oder Promote Post ist der Umstand, dass bei diesen Werbeformen jeweils die Gebotsvariante “oCPM” verwendet wird. Der Betriff “oCPM” steht für optimiertes Cost per Mille, was wiederum bedeutet, dass Facebook die Werbeanzeige optimiert an Menschen (innerhalb der Zielgruppe) ausliefert, die dem AdServer als “likewillig” bekannt sind. Ergo wird das Ad Menschen gezeigt, die wahrscheinlich auch Fan von vielen anderen Seiten sind. Würde man anstelle von oCPM die Gebotsarten CPM verwenden, würde man sicherstellen, dass die Werbenazeige einer grösseren Zielgruppe gezeigt wird, die nicht unbedingt als klickaffin bezeichnet werden kann. Mehr zu den Eigenheiten der unterschiedlichen Gebotsvarianten gibt es im Beitrag: “Facebook: CPC, CPM, oCPM oder CPA? Die Gebotsmöglichkeiten für Facebook Ads einfach erklärt“.

Offene Fragen

Wie bereits vorher angesprochen, wissen wir nicht, wann diese Tests von Muller durchgeführt wurden, der Zeitraum wäre aber für die Überprüfung der Seriosität der Untersuchung extrem wichtig, wurden doch von Facebook im September 2012 angekündigt, dass gegen Fake Likes vorgegangen wird. Auf Grund der Angabe auf der Facebook Seite zur beliebtesten Woche, müsste man davon ausgehen, dass der grösste Zuwachs auf der Facebook Seite im Mai 2012 erfolgte. Ebenfalls unbekannt ist, welche Ads Varianten mit welchen Targeting verwendet wurden, entsprechende Beispiele oder Screenshots wurden im Video nicht gezeigt, entsprechend kann eine Leistung, gerade mit einer für Statistiken nicht signifikanten Messgrösse von 150 Likes nicht seriös überprüft werden.

Offen bleibt auch die Frage, ob Menschen, die viele Facebook Seiten geliked haben, automatisch als Fake User betrachtet werden können. Nicht zuletzt müssen auch kulturelle Unterschiede in Betracht gezogen werden, bereits frühere Statistiken zeigten, dass Menschen im asiatischen Raum wesentlich häufiger Seiten mit einem “Gefällt mir” markieren, als dies beispielsweise Menschen in Europa machen.

Für mich persönlich bleibt die Frage auch offen, um Derek Muller allenfalls generell ein Problem mit Facebook hat (siehe dazu auch das Video hier) und Facebook als Trittbrett für mehr Publizität nutzt.

Wie kann man die gewonnenen Fans überprüfen?

Fans, welche ihre Likeaktivitäten nicht über die Privatsphäreeinstellungen unterdrückt haben, können mit Hilfe der Graph Search (nur für Nutzer mit US-englischer Spracheinstellung) ermittelt werden.
Dazu kann die Abfrage “people who like [Name der Facebook Seite]” verwendet werden. Mit zusätzlichen Suchabfragen lasst sich hier das Ergebnis auch verfeinern.

Facebook Graph Search

Facebook Graph Search

Eigene Erfahrungen

Ich habe schon sehr viele unterschiedliche Ads Kampagnen mit Hilfe von Facebook geschaltet. Mit den meisten Kampagnen (nicht mit allen) erzielte ich gute bis hervorragende Ergebnisse, wenige Kampagnen zogen nicht oder lieferten Kuriositäten zu Tage. Kampagnen, bei welchen eine seriöse Konzeption vorausging, erreichten normalerweise wesentlich bessere Ergebnisse als Kampagnen, welche schnell auf dem Vorbeiweg aufgegeben wurden. Nichts desto trotz höre ich immer wieder von Fans meiner Facebook Seite, dass nicht immer alles rund läuft. Woran das genau liegt, lässt sich im Normalfall ohne Detailbetrachtung nicht nachvollziehen oder beurteilen. Auf Grund meiner Erfahrungen rate ich immer manuell über den Werbeanzeigenmanager oder Power Editor Kampagnen zu erstellen und nicht die automatisierten Funktionen (Promote Post / Promote Page) zu verwenden.

Update 21.30 Uhr

Auch Jon Loomer kommt auf eine ähnliche Aussage wie ich, wie häufig in Amerika benötigt er dazu einfach ein paar Worte mehr.
Sein lesenswerter Artikel findet man hier.

Image Credit:
confused fake doctor acting like a clown because he can’t understand the results of a treatment by shutterstock.com

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