13.09.2016 Diverses

Thomas Meyers Wort zum Dienstag: Wieviel Politik verträgt Social Media? Oder: Warum die Frage eigentlich Unsinn ist!

Mein Wort zum Freitag schon am Dienstag? Atypisch, doch nicht meine unfassbare Ungeduld ist der Grund – eher das sensible Thema, dem ich in meiner Blog-Reihe einen besondern Platz geben möchte. Es geht heute um Meinungen – um persönliche Meinungen. Um Ansichten abseits eurer Produkte oder Dienstleistungen. Kein Plastik. Kein Fake. Kein Getue und kein Marketing-Blabla. Social Media hat […]

Thomas Meyer
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Mein Wort zum Freitag schon am Dienstag? Atypisch, doch nicht meine unfassbare Ungeduld ist der Grund – eher das sensible Thema, dem ich in meiner Blog-Reihe einen besondern Platz geben möchte.

Es geht heute um Meinungen – um persönliche Meinungen. Um Ansichten abseits eurer Produkte oder Dienstleistungen. Kein Plastik. Kein Fake. Kein Getue und kein Marketing-Blabla. Social Media hat sich verändert. Facebook hat sich verändert.

Heute geht es um das wahre Leben. Heute geht es um den #deepshit.

Markenkommunikation trifft auf politische Meinung

Ich wollte schon länger über dieses Thema schreiben, doch wie so oft brauchte es bei mir einen Trigger, um endlich in die Gänge zu kommen. Am Wochenende war es dann soweit. Ich lag im Park und bahnte mir bei Sonne, Radler und Grillengezirpe einen Weg durch meinen Newsfeed. Dieser hat sich in den letzten 10 Jahren (Happy Birthday Newsfeed) klar verändert und hat wohl nun seinen bisher trügerischen Namen endlich vedient – denn es geht immer mehr um Nachrichten. Aus sind die Zeiten von „hab mir grad Nudeln gekocht“ oder „geiles Wetter heut, wer geht mit schwimmen?“ oder dem Post mit dem aktuellen Lieblingslied. Facebook wurde zum Medium, zum Verlag, zu einer Plattform auf der aktiv Meinungsbildung und Meinungsverbreitung stattfindet. So war zum Beispiel mein eroflgreichster Post (und ja, wer mich kennt, weiß dass ich viel poste…) ein fast 3.000 mal geshareder offener Brief an die rechtspopulistische Partei FPÖ.

Also, was ist passiert?  Ihr kennt vielleicht die aktuelle politische Lage in Österreich. Dem politischen Chaos hier entsprechend sah auch mein Newsfeed eher konfus aus. Es wird diskutiert, Wahlwerbung wild getargeted und Bubbles treffen ungebremst und mit noch nie dagewesener sprachlicher und emotionaler Härte aufeinander. Ich mag den Diskurs und steh auf die Entwicklung vom verstaubten Leserbrief hin zur Bühne für alle. Da ich mich durchaus auch außerhalb meiner Hipsterbart-Chiasamen-Club Maté-Crossfit -Instagram-Bubble aufhalte, seh ich natürlich auch ein paar, sagen wir mal „fragwürdige“ Inhalte. Dies zeigt mir jedoch, dass das vermehrte Liken, Sharen, Posten von politischen Inhalten über alle Gesellschafts- und Altersschichten hinweg passiert. Dieser von teils inhomogenen „News“ und politischen Stellungnahmen beherrschte Newsfeed hat eine Veränderung der User-Grundstimmung hervorgerufen. Nicht besser. Nicht schlechter. Einfach anders. Wie sich das Medium Facebook verändert hat, hat sich auch die Wahrnehmung dessen Inhalte verändert.

Persönliche Grundhaltungen werden zum Filter für ausgespielten Content

Wie kam ich drauf? Ich las mir da in der Sonne liegend und auf einem Grashalm kauend einige Berichte über den aktuellen Status des Syrienkonflikts und dessen Hintergründe durch und sah mir dann noch ein Video zur österreichsichen Bundespräsidentschaftswahl an. Klar, vielleicht nicht die beste Wahl für einen gehypten Sonne-Radler-Grillengezirpe-Sonntag, doch gibts eben kaum noch persönliche Inhalte von meinen Freunden. Ich scrollte in von Syrien gedämpfter und von Österreich wütender Stimmung weiter. Dann kamen die erstens Sponsored Posts. Ich scrollte weiter. Dann ein geshareter Beitrag eines Kumpels über die Wahl. Ich hielt an..las…und dann machte es Klick. NULL Wahrnehmung. NULL! Ich überlas bzw. ignorierte alles dazwischen. Bewusst oder unbewusst? Ich weiß es nicht. Es hatte auf alle Fälle null Relevanz für mich. Nicht weil ich NUR politische Inhalte auf Facebook lese. Bullshit. Nicht weil mich die Inhalte so mitgenommen haben und ich abgelenkt war. Nein! Weil Politik und gesellschaftsrelevante Inhalte unseren Alltag und somit Social Media mehr und mehr beherrschen.

Somit hatte der politische Content aktiv Einfluss auf meine Wahrnehmung von privaten wie auch unternehmerischen Inhalten.

Mein Statement dazu:

Die politische Einstellung meiner Fans wurde zum Targeting-Kriterium und MUSS von werbenden Unternehmen beachtet werden

Unter der Prämisse, dass ich als Unternehmen im Social Media Marketing nur mit einer authentischen Content-Strategie gewinnen kann, bedeutet dies nun, dass ich politische Stellung beziehen muss? Und die Antwort ist ganz klar: Ja verdammt! Ihr als Marken wollt Teil des Lebens, Teil des Alltags eurer Kunden werden. Social Media ist Alltag geworden. Politik ist Alltag geworden. Somit ist „raushalten“ keine Option mehr. Marken können sich nicht mehr diesem öffentlichen Diskurs entziehen wenn sie weiterhin authentische Kommunikation betreiben wollen (und somit langfristigen Erfolg anstreben). Klar, beim Lesen dieser Zeilen wird sich die gelernte Klassik in unseren Köpfen melden und es beginnt ein Grundsatzstreit über die Relevanz von, vom Produkt abweichender, gesellschaftsrelevanter Themen im Marketing. Fuck it sag ich! Dieser Streit ist kein aktueller mehr. Dieser Streit ist in Zeiten von Facebook und Co. kein angebrachter mehr. Unternehmen können sich dem nicht mehr verwehren.

Aktuell ist jedes politische Statement von bekannten Brands ein Aufreger mit tausenden Likes, Shares und Offline-Erwähnungen. Tja, das wird nicht mehr lange so gehen. Brand-Awareness und Kundenbindung wird kurzfristig um die Komponente „politisches Standing“ erweitert werden. Egal ob der Friseur von nebenan oder die große Megabrand – personalisierte Meinung wird zum festen Bestandteil eurer Postings werden müssen. Denn wenn ich 3 Artikel über die Flüchtlingskrise oder den Atombobentests Nordkorea gelesen hab wirkt jede Ad über einen aufblasbaren Sitzsack flach und hirnlos!

Versuche ich als Marke, zu weit vom Alltagsgeschehen meiner Kunden zu kommunizieren, werde ich nicht wahrgenommen und als irrelevant eingestuft.

Der Content muss an Substanz gewinnen. An intellektueller Substanz. Klar muss man jetzt nicht als Friseur zum Nachrichtenmedium mit Tagesschau-Qualität werden. Man muss auch nicht zu
allem Meinung haben. Aber man darf sich nicht dem allgemeinen, aktuellen Diskurs entziehen aber man muss, wie man es auch unter Freunden und Bekannten tut, Stellung nehmen. Was bedeutet das? Klar, ein paar Leute werden euch hassen. Vielleicht auch ein paar eurer Kunden. Und? Fuck it! Alle ist sowieso keine Zielgruppe. Durch relevanten, ehrlichen Content werdet ihr neue Kunden gewinnen und diese durch eure authentische Haltung und offene Kommunikation auch zu treuen Kunden und Influencern machen. Welche Stellung das ist, ist im Grunde egal. Findet ihr die AfD geil? Tja, dann sagt das. Ihr werdet mich als Kunde verlieren, doch der AfD-Wähler wird euch lieben und die Message streuen. Findet ihr die Deportation von Flüchtlingen in abgefuckte Camps scheiße? Tja, dann werde ich euch lieben und die Message streuen – die latenten Nazis werden euch aber hassen und dies wohl auch kund tun. Und genau dann beginnt die Arbeit eures Community Managements. Es beginnt jedoch auch eure Authentizität zu greifen. Nichts bindet mehr als die Identifizierung mit einer Marke auf persönlicher Ebene. Nichts bindet mehr als Vertrauen in das „vom gleichen Schlag sein“. Nichts bindet mehr als die Sympathie aufgrund ähnlicher Denkmuster. Und dann werde ich euch auch verteidigen. Ich werde für euch kämpfen! Ihr seid dann in meiner Bubble – in meinem Alltag. Und schon werden eure neuen Fans zu hausgemachten Community-Managern. Boom! Auf ganzer Linie gewonnen!

Also. Verabschieden wir uns von alten Denkmustern. Wir sind alle Brands. Egal ob Unternehmen oder Privatperson. Wir haben Meinungen. Wir suchen Antworten. Grenzen verschwimmen im
Social Web. Genauso wie ich die Unterscheidung zwischen B2B und B2C heutzutage noch unsinnig finde, glaube ich auch an die absolute Offenlegung von Denkweisen und Einstellungen.
Nun stellt sich noch eine letzte Frage. Die eine entscheidende Frage… Wo steht ihr?

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