06.05.2016 Diverses

Thomas Meyers Wort zum Freitag: Messenger Bots und Automatisierungen im Social Web – oder “wie ich ein Prolo wurde”

Es ist 23:17 Uhr. Eigentlich bin ich hundemüde, doch ein nicht enden wollendes Gewitter lässt Wien gerade erzittern und dicke Regentropfen prasseln in stetem, hypnotisierendem Rhythmus gegen mein Fenster. Inspirierend, ja fast magisch. Ich liege eingemummelt in meinem frisch gemachten, wohlig warmen Bett und arbeite an diesen Zeilen. Es scheint absurd, meinen heutigen Beitrag in […]

Thomas Meyer
6 Min. Lesezeit
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Es ist 23:17 Uhr. Eigentlich bin ich hundemüde, doch ein nicht enden wollendes Gewitter lässt Wien gerade erzittern und dicke Regentropfen prasseln in stetem, hypnotisierendem Rhythmus gegen mein Fenster. Inspirierend, ja fast magisch.

Ich liege eingemummelt in meinem frisch gemachten, wohlig warmen Bett und arbeite an diesen Zeilen. Es scheint absurd, meinen heutigen Beitrag in so gemütlich sicherer Stimmung zu schreiben – denn heute geht es um unser aller Ende.

Gut, an „Drama,Baby,Drama“ hat es mir nie gefehlt, doch heute ist es anders – es ist so real. Zumindest in meinem Kopf…

Messenger Bots und Automatisierungen im Social Web - oder "wie ich ein Prolo wurde"

Der blinde Wahn nach Fortschritt

Ich möchte mich dem Thema „Automatisierungen im Social Web“ auseinandersetzen. Warum? Weil Zuckerberg wohl grad an Skynet arbeitet, das Thema insgesamt immer aktueller wird und ich ein ungutes Gefühl bei der ganzen Sache habe…

Ich versuche mich in den nächsten Minuten nicht in verrückten „Die Roboter übernehmen die Welt“-Theorien zu verlieren und (möglichst) sachlich zu bleiben…Auch versuche ich, nicht zu tief in die Materie „Künstliche Intelligenz“ vorzudringen – ich weiß zwar viel über den User, aber kaum etwas über die Maschine…

Um was es mir wirklich geht? Um Reflexion, Usecases und…wie war es anders von mir zu erwarten, um Gefühle.

Ich wollte in Wirklichkeit schon vor einer Woche darüber schreiben, doch es fehlten mir Praxisbeispiele – nicht bzgl. des Einsatzes von Bots – die gibt es ja schon – eher Praxisbeispiele aus meinem Alltag – Automatisierungen, die mein Leben betreffen. Gestern war es dann soweit und ich hätte nicht unvorbereiteter sein können.

Mitten im Leben – Thomas als Prolo

Das Abendkleid legte sich um Wien und ich verließ das Büro. Es war ein guter Tag. Großartige Kunden (#truestory), ein familiäres Team und eine crazy Social Media Welt die ich liebe.

Ich hatte in der Früh verschlafen – deswegen kam ich mit dem Auto – einem zu Blech und Metall gewordenen Beweis meiner vorgezogenen Midlife-Crisis. 3-er BMW. Schwarz. Automatik. Schnell aber gemütlich. (mit Lederjacke, Tätowierung und diesem Auto hat man manchmal mit Vorurteilen zu kämpfen… ;-))

Es sind ungefähr 20 Minuten bis zu mir nach Hause. Gemütlich rollte ich durch den ruhiger werdenden Stadtverkehr und verlor mich in meiner „Hipster Home“ Spotify-Playlist.

Ampel rot. Stillstand 1. Reihe. Plötzlich ein aufheulender Motor neben mir. Ein Blick zur Seite. Unsere Augen trafen sich. Tz. So ein Prolo. Er wollte mich zu einem Rennen herausfordern. Lächerlich. Ein typischer Fall für ne RTL Doku-Soap. Ich lehnte mich gemütlich zurück und schenkte ihm keine Beachtung mehr. Wieder hörte ich ihn aufheulen. Tz. Plötzlich bewegte sich meine Hand zum Schalthebel. Scham legte sich über mich. Was tat meine Hand da? Wie verhext kippte sie den „Sport-Modus“-Schalter und wanderte zu den manuellen Kipp-Schaltern. Mein Puls stieg. Heiß. Kalt. Angespannt. Top konzentriert. Ich lebte. Immer noch rot. Keine Scham mehr. Nur mehr ich und das Auto. Ich fühlte absolute Kontrolle. Orange. Ein Impuls. Meine Reaktion. Grün…

Warum schnell nicht immer gut ist…

Die letzten 20 Jahre haben uns gezeigt, dass alles möglich ist. ALLES. Es ist schon krass – ich bin jetzt 30 und erinnere mich noch an meine ersten illegalen Napster-Downloads und Flirts via chatcity.de – schön mit 56K Modem – natürlich nur, falls Mama nicht gerade telefonieren oder Papa faxen musste (der Vorteil der langsamen Internetverbindung: niemand machte Stress, wenn man nicht gleich geantwortet hat…).

Gut, in der Vergangenheit schwelgen bringt auch niemanden etwas. Wir müssen uns nur vor Augen führen, dass „Alles ist möglich“ immer schneller geht – die Zeitabstände zwischen technischen Neuerungen werden kürzer und die Zeit, diese zu erlernen und vor allem vernünftige, nachhaltige Strategien zu entwickeln immer knapper.

Beste Beispiele: Facebook Live, Snapchat und aktuellstes Beispiel: die Messenger Bots.

WTF. Was passiert denn hier? Es erinnert mich alles an mein erstes Mal: alle haben darüber geredet und ich wollte es unbedingt, hätte mich im Vorfeld aber ruhig etwas schlauer machen können…(#spoiler: es blieb damals bei dem einen Mal…)

Die Bots

Zurück zum Thema: Messenger Bots – also automatisiertes Versenden von Nachrichten bzw. die vollautomatische Interaktion mit Usern, um sie mit Informationen verschiedenster Art zu versorgen. Egal ob technischer Support oder Einkaufshilfe.

Als Zuckerberg vor die tobende Menge trat, um Ruhe bat und die Messenger Bots ankündigte, war das Chaos perfekt.

Social Media Berater around the world und hunderttausende Marketingleiter in Sakkos, viel zu engen Jeans und Converse (die einfach nie dreckig werden… wie machen die das???) vertagten ihre Jour Fixes auf JETZT und skandierten vor versammelten Onlinern: „Wir brauchen das!!“ und „Wir müssen die ersten sein!!“ Und alle rannten sie – aufgescheucht und wild um sich schießend. Ohne Ziel. Ohne Plan. Totales Chaos im Social Web.

Völlig unausgereifte, automatisierte Spam-Schleudern waren das Ergebnis. Geil.

Um was es eigentlich geht

Um ehrlich zu sein, ist mir das aktuell auch noch relativ egal, wie und ob sie funktionieren. Mir geht es um die Strategie dahinter – um den Mehrwert.

Meiner Meinung nach muss sich jedes Unternehmen fragen, ob das automatisierte Versenden von Nachrichten und die beginnende Entmenschlichung im Kundendialog einen positiven Effekt auf deren Community Management bzw. auf deren Kundenbindung haben kann. Fuck, ich bin kein Technikgegner. Ich bin kein Modernisierungsfeind. Ich liebe Technik. Ich liebe Entwicklungen. Doch eines liebe ich noch mehr: glückliche Kunden.

Die Frage aller Fragen

Und genau hier sind wir (endlich) am Punkt angelangt.

Was will der Kunde? Das ist und bleibt die ewig währende Frage. Klar kann man Kunden erziehen und in eine „Ecke drängen“, doch kann, und dazu stehe ich, eine automatisierte Nachricht meinem Kunden niemals die Befriedigung eines persönlichen (und sei es nur via Messenger) Gesprächs geben. Niemals! Nie und nimmer!

Da kommt aber jetzt noch ein ganz anderes Problem zum Vorschein – die Implementierung des Social Media Bereichs in den Rest des Unternehmens – in die Wertschöpfungskette. Leute, redet miteinander. Wenn der Außendienst von Bots abrät, schenkt ihm Gehör und erarbeitet eine gemeinsame Strategie. Informationsaustausch innerhalb des Unternehmens. So oft entscheiden wir allein, ohne Rücksprache mit dem Marketing oder den Vertrieblern neue Kommunikationswege. Das geht nicht gut…

Wie oft schon saß ich in automatisierten Supportlines diverser Mobilfunker, Nahverkehrsbetriebe etc. fest. Eine zugegebenermaßen angenehme Stimme führt dich durch das nie enden wollende Labyrinth an Fragen. Ein Fehler und du kannst von vorne beginnen oder kommst zum völlig falschen Ansprechpartner. Ich bin wahrlich kein Choleriker, aber da geh ich regelmäßig an die Decke. Ich habe ein Problem, also will ich, dass mich jemand wie ein trotziges Kind in den Arm nimmt und mir hilft! Denn ich bin keine rationale Maschine. Wir sind keine Roboter. Wir haben Gefühle, Ängste, Sorgen. Und unsere Aufgabe ist es, die unseren Kunden zu nehmen.

Die Emotion – über Allem erhoben

Egal, wie reflektiert wir uns geben – die Ratio entschwindet in Momenten der Extreme. Man hat ja gesehen, wie schnell aus Magister Thomas Meyer, 30, Verkaufsleiter und FH Dozent ein 24 jähriger narzisstischer Vollprolo wurde. Mein Roboterauto würde wohl diesen Moment nicht erkennen und mir das kurze, aber geile Gefühl der Kontrolle nicht geben können.

Menschlicher Kundensupport bedeutet aktive Kundenbindung. Kundenbindung bedeutet langfristigen unternehmerischen Erfolg. Unternehmerischer Erfolg sichert unsere Arbeitsplätze.

Pro Bots

ABER: Ich will nicht alles schlecht reden. Na logo gibt es sexy Usecases für Automatisierung. Klar macht es Sinn meine User/Fans/Kunden mit den richtigen Informationen zu füttern – wenn sie das wollen. Auch kann man sich den einen oder anderen, sowieso standardisierten Schritt ersparen. Doch wichtig ist, dass ich ein Auge darauf habe und allzeit bereit bin einzuschreiten. Als Regulativ. Als Retter.

Interaktion. Dialog. Individualisiert. Menschlich. Die Zeiten ändern sich, Instinkte nicht.

 

So, Licht aus. Schlafenszeit. Ach ja… eins noch: ich hab natürlich gewonnen 😉 Muhahaha

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