Es gibt kaum ein Medium, dass die News in den letzten Tagen nicht aufgegriffen hat: Facebook hat diese Woche offiziell seine neue Tochtergesellschaft Calibra mitsamt der Kryptowährung “Libra” vorgestellt. “Libra” soll wie Bitcoin funktionieren, aber gänzlich ohne Kursschwankungen. Wir geben einen Überblick, was hinter Facebooks neuem Digitalgeld, das in Zukunft Millionen von Menschen nutzen soll, steckt.
Es gibt kaum ein Medium, dass die News in den letzten Tagen nicht aufgegriffen hat: Facebook hat diese Woche offiziell seine neue Tochtergesellschaft Calibra mitsamt der Kryptowährung “Libra” vorgestellt. “Libra” soll wie Bitcoin funktionieren, aber gänzlich ohne Kursschwankungen. Wir geben einen Überblick, was hinter Facebooks neuem Digitalgeld, das in Zukunft Millionen von Menschen nutzen soll, steckt.
Am Dienstag stellte Facebook seine neue Tochtergesellschaft Calibra vor, die zukünftig weltweit Finanzdienstleistungen zur Verfügung stellen wird. Im Zentrum steht die Kryptowährung, die auf den Namen “Libra” hört. Das erste Produkt von Calibra wird ein sogenanntes digitales Wallet für die neue weltweite Libra-Währung, über das zukünftig Zahlungen abgewickelt, Libra verschickt oder gespart werden können. Das nach der Firma benannte Wallet wird im Facebook Messenger, WhatsApp sowie als eigene App verfügbar sein. Die Markteinführung wird voraussichtlich im Jahr 2020 stattfinden.
“Libra” stammt aus dem Lateinischen und bedeutet “Waage” oder “Gleichgewicht”. Und genau das soll die neue digitale Währung wohl auch schaffen – eine Waage bzw. ein Gleichgewicht im globalen Finanzsektor. Zugang zu Finanzdienstleistungen aller Art für Jedermann und Jedefrau, egal wo man sich auf der Welt befindet – einfach, kostengünstig und intuitiv. Ein ambitioniertes Ziel.
Denn: laut der The World Bank besitzen 50% aller Erwachsenen weltweit kein Bankkonto. Grenzt man die Zielgruppe weiter auf Frauen in Entwicklungsländern ein, erhöht sich diese Zahl signifikant. Fast 70 Prozent aller Kleinunternehmen in Entwicklungsländern haben wiederum keinen Zugang zu Krediten. Überweisungen ins Ausland sind auch in 2019 noch langsam und teuer. Laut des Global Education Monitoring Reports der UNESCO werden bis zu 25 Millionen Dollar Überweisungs-, Überziehungs-, und Geldautomatgebühren aufgewendet, das aus dem hart verdienten Einkommen des Einzelnen bezahlt wird. 1,7 Milliarden Erwachsene weltweit haben generell nur eingeschränkten oder überhaupt keinen Zugang zu Finanzdienstleistungen, obwohl sie die eigentlich dringend benötigen und obwohl die meisten von ihnen ein Mobiltelefon besitzen. Ein interessanter Fakt, den Calibra hier aufgreift.
“Libra’s mission is to create a simple global financial infrastructure that empowers billions of people around the world. It’s powered by blockchain technology and the plan is to launch it in 2020.” (Mark Zuckerberg in seinem offiziellen Statement vom 18.06.2019)
Die neue Kryptowährung soll den Umgang mit Geld genauso einfach machen wie das Versenden einer Textnachricht. Alles was es dafür braucht, ist ein Smartphone und eine Internetanbindung. Laut Statista beläuft sich die weltweite Zahl an Smartphone Nutzern auf rund 3 Milliarden (2018).
Gemeinsam mit bisher 28 weiteren Vertretern aus den Branchen Zahlungsdienstleistungen, Technologie und Märkte, Telekommunikation, Blockchain, Venture Capital und gemeinnützige Unternehmen gründet Facebook die Libra Association als gemeinnützigen Verein mit Sitz in Genf. Die Allianz dient dazu sich “um die weitere Ausgestaltung der einfachen, globalen Kryptowährung und des damit verbundenen Transaktionssystems kümmern”, wie in einem offiziellen Whitepaper der Libra Association dargelegt wird. Die Anzahl der gleichberechtigten Mitglieder soll in den kommenden Monaten auf 100 anwachsen, worunter, laut David Marcus, Managing Director von Calibra, “Facebook und Calibra keine Sonderrolle einnehmen werden”. Facebook wird lediglich mit der neugegründeten, unabhängigen Tochter Calibra vertreten sein, um soziale Daten (Facebook) und finanzielle Daten (Calibra) strikt zu trennen.
Der Versand von Libra funktioniert über Calibra mit jedem Smartphone, soll so einfach wie der Versand einer SMS und mit wenig bis gar keinen Kosten verbunden sein. Gerade in der Anfangszeit dürfte Libra vor allem für Überweisungen zwischen verschiedenen Währungen zum Einsatz kommen. Damit stünde Libra in Konkurrenz zu Diensten wie Western Union oder Moneygram, die für internationale Überweisungen bekanntermassen horrende Gebühren einkassieren (On a sidenote: Moneygram hat nach Bekanntgabe der Meldung eine Partnerschaft mit einer Blockchain-Firma bekannt gegeben). Zukünftig sollen weitere Dienstleistungen für Nutzer und Unternehmen hinzukommen, wie beispielsweise das einfache Erstellen von Rechnungen per Knopfdruck, das Bezahlen von Kaffee mit dem Einscannen eines Codes oder die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln, ohne ein Ticket oder Bargeld mit sich tragen zu müssen.
Die Vision ist klar: Libra soll zu einem globalen Zahlungsmittel für jede vorstellbare Situation werden.
In Punkto Sicherheit verspricht Calibra die Daten der Nutzer zu jeder Zeit zu schützen. So werden die gleichen Verifizierungs- und Anti-Betrugsmechanismen, die bei Banken und für Kreditkarten im Einsatz sind, auch bei Calibra gelten. Zusätzlich beobachten automatisierte Systeme proaktiv Aktivitäten, um betrügerisches Verhalten zu erkennen und zu verhindern. Nutzer erhalten darüber hinaus auch eine Live-Chat Unterstützung, wenn sie beispielsweise ihr Telefon verloren oder ihr Passwort vergessen haben. Sollte es dennoch dazu kommen, dass eine dritte Person Zugang zu einem Nutzer-Konto erhält und der Nutzer Libra verliert, bietet Calibra eine Rückerstattung an.
Ähnliches gilt für das Thema Datenschutz. So heisst es in der offiziellen Meldung von Facebook, dass keine Daten ohne ausdrückliche Zustimmung des Kunden an Dritte gelangen sollen. Facebook betont explizit, dass keine Daten für die Verbesserung von Zielgruppenansprachen im eigenen Netzwerk, geschweige denn der Produktfamilie von Facebook Inc. Anwendung finden werden.
Das Ziel ist klar: Konsumenten und Anleger sollen Geld künftig so günstig, einfach und schnell von einem Gerät oder Konto auf ein anderes verschieben können, wie das heute mit einer E-Mail oder mit einer SMS-Nachricht möglich ist – aber eben sicherer. Und das weltweit, ganz gleich ob es sich bei der Location um ein Industrie- oder Entwicklungsland handelt. Die Lösung soll die Etablierung einer neuen Finanz-Infrastruktur, ja, eigentlich eines komplett neuen Ökosystems der Finanzwelt bieten, mithilfe einer digitalen und global akzeptierten Vollwährung. Daran lässt Facebook keinen Zweifel. Die NZZ nennt diese Entwicklung treffenderweise “the Internet of Money“.
David Marcus weiss jedoch auch realistisch zu bleiben: “Ich denke, dass jede neue Währung viel Zeit brauchen wird, um so groß zu werden, wie eine existierende nationale Währung einer großen Volkswirtschaft.” (Zitat Süddeutsche Zeitung, 18.06.2019). Eingespielte Bezahlwege, unflexible Länderökonomien, Staats-, Steuer- und Währungspolitik werden treibende Faktoren dafür sein, dass eine globale Digitalwährung eine bestehende Länderwährung in den kommenden 10 Jahren nicht ablösen wird.
Zum aktuellen Zeitpunkt befindet sich Libra noch in einer frühen Entwicklungsphase. Bis zur finalen Markteinführung ist noch ein weiter Weg.
“There’s still a lot more to learn and do before Libra will be ready to officially launch. We know it’s a major undertaking and responsibility — and we’re committed to getting this right. We’ve been working with policymakers and experts in areas like financial inclusion, economics, security, privacy and blockchain, and we’ll continue listening to their feedback as we figure out the best way to move forward.” (Mark Zuckerberg, 18.06.2019)
Mehr zu diesem Thema: