Facebook hat in den letzten Jahren keine Kosten gescheut, um Produkte zu entwickeln, die die Interaktionen auf der Plattform weiter vorangetrieben haben. Jetzt kündigt Facebook an, Änderungen am News Feed testen zu wollen. Die Änderungen konzentrieren sich vordergründig auf die Reduzierung der Verbreitung von politischen Inhalten.
Facebook will verschiedene Varianten erforschen, um besser auf die jeweiligen Präferenzen von Menschen einzugehen. Um festzustellen, wie effektiv diese neuen Ansätze sind, sollen Nutzer während den Tests zu ihren Erfahrungen befragt werden. Im Anschluss soll dann entschieden werden, welche Ansätze in Zukunft für die Ausspielung von politischen Inhalten verwendet werden. Grundsätzlich möchte man aber politische Inhalte im Newsfeed einschränken, was nicht bedeutet, dass politische Inhalte ganz von der Plattform verbannt werden. Diese Einschränkung soll ausserdem nur für eine kleine Personenanzahl in Kanada, Brasilien und Indonesien zunächst gelten. In den kommenden Wochen dann auch in den USA. Ausgenommen von den Tests sind Inhalte zu Covid-19 von amtlichen Gesundheitsbehörden wie beispielsweise der Weltgesundheitsorganisation (WHO), aber auch von nationalen oder regionalen Gesundheitsämtern und -diensten. Auch Inhalte von offiziellen Regierungsbehörden sollen eine Ausnahme bilden.
Facebooks Ankündigung kommt nicht überraschend. Bereits im Januar hat Mark Zuckerberg gesagt, dass Facebook keine politischen oder gesellschaftlichen Gruppen mehr empfiehlt. So wollen Menschen wohl nicht, dass Politik und Streitereien dominieren, wenn sie auf Facebook unterwegs sind. Eine wachsende Zahl von Social-Media-Nutzern ist sogar der Meinung, dass Tech-Plattformen eine Rolle bei der Radikalisierung von Menschen spielen, da ihre Algorithmen umstrittene Ansichten fördern und Menschen in ihren eigenen “Social-Blasen” isolieren können. Somit ist die Gefahr grösser, dass Menschen unreflektiert in Berührung kommen mit gefährlichen Inhalten oder Fehlinformationen. Facebook will gerade deshalb “die Temperatur senken”, mit der politische Debatten in dem Netzwerk teilweise geführt werden. Trotz Aktualisierungen und Bemühungen, wird dem Konzern immer wieder vorgeworfen, nicht genug gegen Hass und Hetze in dem sozialen Netzwerk zu unternehmen. Teilweise wurde Facebook sogar auch eine Mitschuld daran gegeben, politische Unruhen in Ländern wie Indonesien oder den Völkermord in Myanmar verschärft zu haben.
Eine aktuelle Umfrage von Axios zeigte auf, dass eine Mehrheit der Amerikaner glauben, dass soziale Medien radikalisieren und 74% sind der Meinung, dass verbreitete Fehlinformationen ein sehr ernstes Problem sind. 76% glauben sogar, dass soziale Medien zumindest teilweise für den Capitol-Aufstand verantwortlich waren.
Dass Facebook gravierende Änderungen im Newsfeed durchsetzen kann, wenn sie wollen, hat man in der Vergangenheit bereits gesehen. So wurde Anfang 2018 der Newsfeed dahingehend angepasst, dass viel stärker Inhalte von Freunden und der Familie angezeigt wurden statt Inhalte von Medien. Bei den aktuellen Anpassungen rund um politische Inhalte handelt es sich zwar nur um einen Test, aber böse Zungen könnten es auch vielleicht als eine Art Schuldeingeständnis von Facebook sehen. In der offiziellen Mitteilung betont Facebook, dass man mit den Anpassungen nur auf die Wünsche der Menschen eingehen möchte und politische Inhalte nur einen kleinen Teil von dem ausmachen, was im Newsfeed angezeigt wird.
Based on our analyses in the US, political content only makes up about 6% of what people see on Facebook.
Sehr begrüssenswert ist, dass Facebook sich seiner Verantwortung als reichweitenstarkes Medium bewusst ist und die Streuung von politischen Inhalten, unabhängig davon welcher Einstellung sie angehören, einschränken will. Viele Menschen nutzen Facebook schliesslich auch, um sich zu aktuellen Geschehnissen zu informieren. Auch wenn nach wie vor leider noch viel zu viel Hate Speech und Missinformationen auf Facebook aufzufinden sind, haben Menschen jederzeit die Kontrolle über ihren Feed und können mit Funktionen wie “Snooze” Beiträge von einer Person, Seite oder Gruppe vorübergehend ausblenden. Auch hat man die Möglichkeit, politische Anzeigen zu deaktivieren. Nicht zuletzt zeigte Facebook bereits, dass ihnen das Thema wichtig ist: So wurde Donald Trumps Profil kurzerhand auf unbestimmte Zeit gesperrt und bereits vor der US-Wahl wurden verschiedene Fake-Profile entfernt, da sie von Gruppen gesteuert wurden, die gezielt Stimmung für Donald Trump machten. Die möglichen Änderungen am News Feed werden daher sicherlich für ein besseres Nutzungsverhalten sorgen.