09.07.2015 Marketing

Facebook: von Bespassern und Klinkenputzern – (High) Performance Marketing mit Facebook Ads

Interessant für alle, die bei Facebook nicht nur Geld ausgeben, sondern auch verdienen möchten: Ich möchte heute anhand der Tourismus-Branche zeigen, wie (high) Performance Facebook Marketing aussehen kann und wo die Limbo-Latte der Benchmarks in etwa liegt. Geht nicht – gibt’s nicht Als Nikolaus Kopernikus Anfang des 16. Jahrhunderts seine Theorie vom heliozentrischen Weltbild veröffentlichte, […]

Thomas Thaler
8 Min. Lesezeit
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Interessant für alle, die bei Facebook nicht nur Geld ausgeben, sondern auch verdienen möchten: Ich möchte heute anhand der Tourismus-Branche zeigen, wie (high) Performance Facebook Marketing aussehen kann und wo die Limbo-Latte der Benchmarks in etwa liegt.

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Geht nicht – gibt’s nicht

Als Nikolaus Kopernikus Anfang des 16. Jahrhunderts seine Theorie vom heliozentrischen Weltbild veröffentlichte, wurden seine Beobachtungen von der Mehrzahl der damaligen Gelehrten und Kirchenfürsten als Hirngespinst abgetan. Es kann schließlich nicht sein, was nicht sein darf.

Fünfhundert Jahre später herrscht in den Köpfen vieler Menschen immer noch der Gedanke vor „ich kenne etwas nicht – damit kann es das auch zwangsläufig nicht geben“. In Österreich nennt das der Volksmund bezeichnenderweise „Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht“.

Heutzutage reicht es ja meist schon aus, das Wort Facebook fehlerfrei schreiben zu können, um sich selbst Social Media Experte nennen zu dürfen. Guru ist man, wenn man es schafft, sich ohne Passwort-Vertipper einloggen zu können. Von solchen Spezialisten liest man in einschlägigen Foren dann Tatsachenfeststellungen wie  „Facebook und eCommerce passt nicht zusammen“ oder „Fans kann man nicht leicht auf andere Webseiten ziehen“.

Warum ist unser Unternehmen überhaupt auf Facebook?

Geschuldet sind solche mehr als kruden Theorien den sehr unterschiedlichen Zielen von Unternehmen auf und mit Facebook. Manche Agenturen verbraten zwar ein sechsstelliges Budget im Monat, können aber nur milde darüber lächeln, dass ihre Kunden damit vielleicht auch gerne mal Geld verdienen würden. In ihren Aufgabenbeschreibungen stehen Buzzwords wie Content-Marketing oder Community-Management – ihre Ziele (falls überhaupt definiert) sind eine bestimmte Anzahl an Fans, die erzielte Bruttoreichweite und vielleicht im nächsten Ranking eines Printmediums vor der Konkurrenz zu landen. Auch zahlreiche Pokale, Awards und Auszeichnungen haben einen prominenten Platz im stylischen Büroloft, spontane Begeisterungsstürme ruft der Badge für die Reaktionsgeschwindigkeit hervor. Ich besitze dafür ein Kapperl mit der liebevollen Aufschrift Bespaßer. Klingt lustiger, als das Tagesgeschäft eigentlich ist – man kann schließlich nicht nur Kätzchenvideos verbreiten.

Weit jenseits dieses Tellerrandes beginnt dann die Welt der Erbsenzähler. Sie betreiben teilweise nicht mal eine eigene Fanpage, sondern nutzen Facebook nur als deutlich kostengünstigere und effizientere Traffic-Maschine als Google Adwords. Der heilige Gral sind die Kosten pro Conversion auf ihrer Landingpage und Klickpreise, ihre Methoden sind geheimnisumwittert und manchmal sogar hart am Rande der Legalität. Sie sind die ungeliebten Verkäufer in sozialen Netzwerken, die ich gerne Klinkenputzer nenne.

In Wahrheit sitzen alle im gleichen Boot, kochen alle nur mit Wasser und sind den manchmal schwer nachvollziehbaren Launen der Facebook Macher aus dem Silicon Valley ausgeliefert.

Man sieht bekanntlich nur, was man kennt – um das Ganze nun ein wenig zu entmystifizieren, hier ein paar Handlungsempfehlungen für den Weg vom reinen Bespaßer zum Klinkenputzer am Beispiel der Tourismusbranche in Österreich und Südtirol. Die ist nämlich, entgegen der Meinung vieler Hotelbetreiber, eine der von Facebook absolut bevorzugten Branchen mit jeder Menge Goodies und bietet alleine in Ö mit über 63.000 Nächtigungsbetrieben ein durchaus spannendes Potential.

Die Benchmarks in den folgenden Screenshots sind keine Show-Cases, sondern ganz konkrete Beispiele und Richtwerte, was möglich ist. Besser geht immer, schlechter leider auch. Profis können jetzt aufhören zu lesen – ihr kennt das alles aus der täglichen Arbeit.

Vorbereitungsarbeiten

Auch wenn der Drang, so rasch wie möglich die Kreditkartendaten zu hinterlegen und loszulegen, schon fast übermächtig wirkt, müssen zuerst ein paar kleine Hausaufgaben erledigt werden.

  • Um spätere Anpassungsarbeiten zu minimieren, gleich zu Beginn den Google Tag Manager
  • Ein Facebook Conversionpixel auf der letzten Seite der Buchungsstrecke der Webseite einbauen. Achtung: Das von Facebook automatisch generierten Code-Schnipsel muss leicht angepasst werden, der Parameter value muss noch mit dem tatsächlichen Buchungsumsatz (exklusive Umsatzsteuer!) gefüllt werden. Wenn wir unterschiedliche Conversionen messen wollen (also zB auch Newsletter Anmeldungen oder ähnliches), können wir einfach mehrere solcher Pixel anlegen.
  • Custom Audience Pixel einbauen, den brauchen wir später noch für das ReTargeting.
  • Google Analytics mit Zielvorhaben einrichten, damit wir uns dort mittels der Trichter-Visualisierung anschauen können, wo unsere potentiellen Gäste die Buchungsstrecke verlassen.
  • Mit dem Powereditor vertraut machen. Aus Gründen.
  • Kampagnentracking Wir wollen ja in Analytics die Auswirkungen eines einzelnen Postings oder Werbeanzeige messen können.

 

Jetzt legen wir aber endlich los

Angesichts der ständig sinkenden organischen Reichweite würde ich persönlich nicht allzu viel Geld in den Aufbau einer Fanbasis stecken. Für die Stammtischdiskussion unter Kollegen ist es aber manchmal notwendig, daher nur zwei subjektive Benchmark-Empfehlungen: Mit der richtigen Zielgruppe sollte der Preis pro neuem Fan nicht wesentlich über 15c liegen. Die Generierungsquote der Reichweite nicht deutlich unter 5% (sprich aus 100.000 mit meiner Werbung erreichten Personen sollten mindestens 5.000 Fans werden)

Screenshot aus dem Werbeanzeigenmanager

Screenshot aus dem Werbeanzeigenmanager

 

Oberstes Ziel der Klinkenputzer ist und bleibt aber der (in der Regel auf einer externen Landingpage) generierte Umsatz – es muss also irgendwie der Traffic von Facebook abgeleitet werden. Dafür braucht man jetzt nicht zwingend öffentliche Postings auf einer Fanpage. Falls doch, hier eine kurze Checkliste:

  • Sind Bild und Text so lustig, neu, spannend, aufregend, schön, wasauchimmer, dass ich ihn auch selbst teilen würde?
  • Still und heimlich schummeln wir einen dezenten Link zu unserem Angebot hinein. Niemand verbreitet freiwillig reine Werbetexte ála „Nur bei einer Hotelbuchung bis morgen bekommt man unglaubliche, wirklich noch nie dagewesene 3% Rabatt und einen steirischen Apfel zur Begrüßung.“
  • Mit einem Boost Post Ad schaufeln wir gleich zu Beginn bezahlte Reichweite drauf. Entscheidend für den kommerziellen Erfolg ist (wie eigentlich so gut wie immer) die adressierte Zielgruppe. Sehr gute Erfahrungen habe ich hier mit externen Zielgruppen, die sich weniger an den bestehenden Fans des Hotels, sondern vielmehr an der spezifischen Geschichte des Postings orientieren.
Screenshot der Insights Werte des Beitrages

Screenshot der Insights Werte des Beitrages

 

Als Benchmark für solche Sponsored Posts kann man einen Preis von unter 1c pro Engagement heranziehen. Bei passabler organischer Verbreitung sind Klickpreise (CPC) für im Text eingebaute externe Links von 10c durchaus realisierbar, die Konversionsrate wird allerdings erfahrungsgemäß unter die normal erzielbaren Werte sinken.

Im folgenden Beispiel wurden mit einem eingesetzten Budget von 25€ über 4.000 Beitragsinteraktionen und 372 externe Klicks generiert – der erzielte CPC lag also knapp unter 7c.

Screenshot der Insights Werte des Beitrages

Screenshot der Insights Werte des Beitrages

 

Kommerziell schlagkräftiger werden dann aber sicherlich Link-Ads in Verbindung mit Conversiontracking. Wie man die erstellt, ist hier sehr anschaulich beschrieben.

An dieser Stelle verblassen dann alle unsere bisher verwendeten KPIs – der einzige kritische Erfolgsfaktor ist ab sofort der generierte Gewinn im Verhältnis zum eingesetzten Budget, manchmal auch return-on-investment (ROI) genannt.

Facebook nennt die für uns entscheidenden Werte in den Berichten etwas sperrig „Webseiten Handlungen – Conversion Wert“ (= Gesamtertrag aus Conversions auf deiner Webseite infolge deiner Werbeanzeige) und Kosten pro Webseiten-Conversion (= Durchschnittskosten der Conversions auf deiner Webseite infolge deiner Werbeanzeige). In Fachbüchern wird letztere Kennzahl auch gerne cost-per-order (CPO) genannt, wobei in unserem Fall unter „order“ eine Buchung zu verstehen ist.

Jetzt lohnt es sich natürlich, wenn man während seiner Ausbildung bei den Kursen aus Buchhaltung und Kostenrechnung nicht allzu tief geschlafen hat. Betriebswirtschaftlich gesehen, versteht man unter diesem CPO nämlich die Akquisitionskosten pro Buchung – sie sollten mit dem erzielten Gewinn pro Buchung abgedeckt werden können. Eichhörnchendaumen mal Pi liegen branchenübliche Akquisitionskosten bei 15% bis 40% des so generierten Umsatzes. Wer mit Begriffen wie Deckungsbeitrag oder Grenzkosten pro Buchung/Saison/Zimmerkategorie seines Betriebes noch nichts anfangen kann, sollte an dieser Stelle ein dringendes Telefonat mit Buchhaltung oder Steuerberater führen.

Hier noch zwei Fallstricke, über die motivierte Einsteiger gerne stolpern und damit unerzwungen die Ergebnisse verfälschen: Buchungsumsatz inklusive Mehrwertsteuer heranziehen sowie bei der Gewinnermittlung der Buchung die fixe und variable Kostendeckung vergessen. Bitte aufpassen!

Im folgenden Beispiel wurde mit einem eingesetzten Budget von 35$ aus einer Reichweite von 10.939 ein Umsatz von 1.966$ generiert – der erzielte CPO lag bei 8,75$ (das entspricht 7,93€).

Screenshot der Insights Werte des Beitrages

Screenshot der Insights Werte des Beitrages

 

Je feiner granuliert Sujet, Text,  Zielgruppensegment, Motivationsberücksichtigung und Zeitpunkt zusammenpassen, desto geringer ist der Streuverlust und desto höher die Wahrscheinlichkeit einer positiven Kampagnenevaluierung. Im zweiten Teil dieses Artikels schauen wir uns dann an, wie wir solche Segmente sinnvoll erstellen und automatisiert Zielgruppen und Werbeanzeigen in Facebook hochladen. Unzweifelhaft wird es zu besseren Ergebnissen führen, wenn ich mein Sonderangebot in einem Familienhotel in Saalbach nur jenen Facebook-Usern zeige, die in den nächsten zwei Wochen mit Kindern nach Saalbach-Hinterglemm auf Urlaub fahren wollen und gerade auf der Suche nach einem Quartier sind..

Die besten monetären Ergebnisse erzielt man idR mit manuellem CPC Bid-Management. Bei mehreren Mutationen pro Zielgruppen und einigen Kampagnen gleichzeitig können allerdings 2 bis 3 Iterationszyklen pro Tag unter Umständen sehr zeitraubend sein.

Willige Anfänger werden daher vermutlich mit aoCPM oder oCPM bessere Erfahrungen machen, der Kreativität sind hier kaum Grenzen gesetzt. Wir können zB mal ein unveröffentlichtes Link-Posting erstellen, dieses dann von Facebook auf Beitragsinteraktionen optimieren lassen und trotzdem die Conversionen messen. Im folgenden Beispiel wurde genau das ausprobiert, mit einem eingesetzten Budget von 480$ aus einer Reichweite von 142.663 ein Umsatz von 2.513$ generiert – der erzielte CPO lag bei 20$ (das entspricht 18,13€).

Screenshot der Insights Werte des Beitrages

Screenshot der Insights Werte des Beitrages

 

Am Ende des Tages ist es eine Geschmacks- und Zeitfrage, welche Varianten ich für meinen Betrieb bevorzuge. Solange der CPO im vertretbaren Bereich liegt und ausreichend Volumen anfällt, sind wir im grünen Bereich.

Damit sind wir am Ende des ersten Teils dieses Artikels – im Zweiten beschäftige ich mich dann mit dem richtigen Targeting mittels Custom Audiences, geeigneten Filter-Kombinationen und manuellem Bid-Management. Wie segmentiere ich zB bestehende Kundendaten, wie gestaltet man Remarketing weniger nervend.

Für heute schließe ich mit einem Zitat des Weltklasseschwimmers Michael Phelps:
If you want to be the best, you have to do things that other people aren’t willing to do.

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