Google kündigte vergangene Woche an, dass es künftig kostenlos möglich sein wird, Produkte über Google zu verkaufen. Google begründet den Schritt damit, dem Einzelhandel in der Corona Krise helfen zu wollen, aber es dürfte auch wirtschaftliche Interessen geben.
Vergangene Woche verkündete Google überraschend in einem Blogpost, dass es künftig für Händler wieder kostenlos möglich sein wird auf Google Produkte zu verkaufen, unabhängig davon, ob diese auf Google Werbung schalten oder nicht. Diese Nachricht sorgte für einigen Wirbel in der Branche, erfordert aber auch eine genauere Betrachtung.
Google Shopping wurde 2002 unter dem Namen Froogle, zunächst nur in den USA, ins Leben gerufen und im Jahr 2007 in Google Produktsuche umbenannt. Es handelte sich dabei um eine Produktvergleichsseite, die als Gegenpol zu anderen bezahl pflichtigen Suchmaschinen dienen sollte, und in denen Händler ihre Produkte kostenlos aufnehmen lassen konnten. Aufnahmekriterien waren ein Google AdWords Konto (mittlerweile Google Ads), ein Merchant Center Account und die Produkte, die in einem vorgegebenen Feed bereitzustellen waren.
2013 wurde der Dienst dann in Google Shopping erneut umbenannt und die Einträge wurden damit auch hier kostenpflichtig. Die Voraussetzungen, um mit Google Shopping Anzeigen ausgeliefert zu werden, sind weiterhin ein Google Ads Konto, ein verknüpftes Merchant Center und ein Produktdatenfeed. Bezahlt wird der Klick auf die jeweilige Shopping Anzeige, wobei der zu zahlende Klickpreis, sowie die Auslieferung an sich, genau wie bei Google Ads in einer Auktion bestimmt wird.
Bei schnellem Überfliegen des Blogeintrags kann der Eindruck gewonnen werden, das Google Shopping Anzeigen künftig kostenlos geschaltet werden könnten. Tatsächlich aber bezieht sich der kostenlose Eintrag nicht auf die Ergebnisse der eigentlichen Websuche, in der Google Shopping Anzeigen prominent an oberster Stelle (oder daneben, wie in unserem Beispiel) ausgeliefert werden, sondern “nur” auf die Shopping Registerkarte auf Google:
Es stellt sich daher die berechtigte Frage, wie viele Menschen den Shopping Tab überhaupt nutzen. Zudem bleibt vorerst offen, ob sich Händler dadurch einen wirklichen Vorteil verschaffen und ihren Umsatz steigern können. Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass die Shopping Anzeigen in den Suchergebnissen eines Tages kostenlos verfügbar gemacht werden. Auszugehen ist davon, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, aber nicht. Zum einen bezieht sich der Blogeintrag explizit auf den Shopping Tab und andererseits handelt es sich bei den Shopping Anzeigen der Websuche um einen Umsatztreiber für Google, welchen der Internetgigant sicher nur ungern aufgeben möchte. Für kleinere Händler wird es aber eine gute Möglichkeit sein, auch ihre Produkte dort zu präsentieren.
Google plant den Rollout in den USA auf Ende April, weitere Länder sollen dann bis Ende des Jahres die kostenlosen Einträge nutzen können.
Was steht hinter der Entscheidung Google Shopping Anzeigen für jedermann kostenlos zur Verfügung zu stellen? Google begründet diesen Schritt damit, dass der “Einzelhandel im Laufe der Jahre vielen Bedrohungen ausgesetzt gewesen sei, die sich während der Coronavirus-Pandemie weiter verschärft haben”. Für Einzelhändler bedeute “diese Änderung eine kostenlose Kontaktaufnahme mit Millionen von Menschen, die täglich zu Google kommen, um ihre Einkaufsbedürfnisse zu erfüllen. Für Käufer bedeutet dies mehr Produkte aus mehr Geschäften, die über die Registerkarte Google Shopping auffindbar sind. Für Werbetreibende bedeutet dies, dass bezahlte Kampagnen jetzt mit kostenlosen Angeboten ergänzt werden können”. Google möchte also helfen. Aber es dürften auch andere Gründe eine wesentliche Rolle spielen:
Im gleichen Blogpost hat Google auch eine neue Partnerschaft mit PayPal angekündigt. Sobald ein Händler PayPal als Zahlungsmittel anbietet, kann dessen PayPal Konto direkt mit seinem Merchant Center verknüpft werden, um den “Onboarding-Prozess zu beschleunigen und sicherzustellen, dass Ergebnisse von höchster Qualität geliefert werden”, so Google. Dadurch sollten sich auch Bestell- und Bezahlprozesse vereinfachen lassen.
In erster Linie Google selbst, aufgrund der oben genannten Gründe. Doch auch Einzelhändler, denen die Eintrittsschwelle zu Google Shopping durch die Kostenpflicht bisher zu hoch war, haben jetzt die Möglichkeit ihre Produkte auf Google zu platzieren. Unabhängig von organischen Rankings oder kostenpflichtigen Werbeanzeigen. Aber auch Händler, die bereits Shopping Anzeigen nutzen, könnten durch den Einsatz der kostenlosen Produktanzeigen einen Nutzen haben und – zumindest teilweise – Werbekosten einsparen. Ebenso werden Agenturen, die sich mit der Optimierung von Shopping Feeds, dessen Bedeutung in diesem Zuge weiterwachsen wird, auskennen, Vorteile haben. Denn dadurch haben sie die Möglichkeit zusätzliche Dienstleistungen anzubieten und neue Kunden zu gewinnen. Zuletzt seien die Menschen genannt, die die Shopping Anzeigen im eigentlichen Sinne nutzen, nämlich zum Einkaufen. Diese werden durch das grössere Angebot an Produkten, vereinfachte Bezahlung und mehr Wettbewerb ebenfalls profitieren können.
Die Entscheidung den Shopping Feed zu öffnen und kostenlos anzubieten ist vielmehr eine strategische Entscheidung, um Marktanteile (zurück) zu erobern, als eine humanitäre. Der Hauptprofiteur wird eindeutig Google sein. Dennoch bieten sich hier künftig spannende Möglichkeiten sowohl für Einzelhändler als auch Agenturen. Zusätzlich wird der Wettbewerb angeheizt, was letztlich auch wieder denen zugutekommen wird, die dort einkaufen.
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