08.04.2025 Social Media / Online Marketing

Social Recruiting: Wie Unternehmen heute Fachkräfte gewinnen – Einblicke aus der Praxis

Vergiss klassische Stellenanzeigen. So erreichst Du mit Social Recruiting gezielt Fachkräfte und wandelst Leads in echte Bewerbungen um. Wie Du passiv suchende Talente findest und mit datengetriebenem Social Recruiting die richtigen Fachkräfte gewinnst.

Adi Zumbühl
9 Min. Lesezeit
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Fachkräftemangel, dynamische Arbeitsmärkte und der Wandel im Medienverhalten stellen viele Unternehmen vor neue Herausforderungen. Klassische Stellenanzeigen greifen zu kurz, während Social Media längst auch im Recruiting eine Schlüsselrolle einnimmt. In diesem Beitrag erfährst Du, wie moderne Recruiting-Prozesse aussehen, was sie erfolgreich macht – und wie ein konkreter Erfolgscase (Medbase) belegt, dass datengetriebenes Social Recruiting funktioniert.

Inhalt:

 

Florian Schrodt, Leiter Employer Branding & Recruitment bei der Medbase Gruppe, beschreibt Social Recruiting wie folgt: «Die gezielte Ansprache potenzieller Mitarbeitenden auf Plattformen, auf denen sie sich auch privat bewegen – etwa LinkedIn, Facebook oder Instagram.»

Die Besonderheit liegt darin, dass nicht nur aktiv Suchende erreicht werden, sondern auch sogenannte Passivsuchende, die offen für einen Jobwechsel wären, aber nicht aktiv danach suchen. Social Recruiting schafft ein Bedürfnis, noch bevor es klar formuliert ist. Früher bedeutete Social Recruiting eine Karriereseite auf LinkedIn – heute geht es um Marketing-getriebene, hochpersonalisierte Kommunikation mit Zielgruppen.

 

 

Die grösste Stärke von Social Recruiting ist gleichzeitig seine grösste Herausforderung: Es richtet sich an Menschen, die nicht aktiv auf Jobsuche sind. Diese sogenannten Passivsuchenden scrollen durch ihren privaten Feed – nicht durch Jobportale. Das bedeutet: klassische Stellenausschreibungen verpuffen. Um diese Zielgruppe zu erreichen und zu aktivieren, braucht es mehr als nur Reichweite.

 

Präzise Zielgruppen-Targetierung

Social Recruiting bietet die Möglichkeit, Kampagnen extrem zielgerichtet auszusteuern. Social Media Plattformen wie Meta (Facebook, Instagram), LinkedIn oder auch TikTok bieten unterschiedliche, granulare Targeting-Optionen:

  • Berufsspezifisches Targeting: Ansprechen nach Berufsbezeichnung, Ausbildungsniveau, Studienrichtung oder spezifischen Branchenkenntnissen.
  • Geografisches Targeting: Eingrenzung nach Postleitzahl, Region, Umkreis um bestimmte Standorte – wichtig für lokal gebundene Jobs.
  • Demografisches Targeting: Alter, Geschlecht, Karrierestatus (z. B. Berufseinsteiger, Führungskraft), Familienstand.
  • Verhaltens- und Interessenbasiertes Targeting: Interaktionen mit karrierebezogenen Inhalten, Healthcare-Themen oder Angehörigkeit in Fachgruppen.
  • Custom Audiences und Lookalikes: Bestehende Kontakte (z. B. Website-Besucher, ehemalige Bewerber*innen) können als Basis für neue Zielgruppenmodelle genutzt werden.

Ziel ist es, nicht möglichst viele, sondern die richtigen Personen zu erreichen – und Streuverluste zu vermeiden.

 

Relevante und überzeugende Botschaften

  • Problemorientierte Einstiege: Was nervt die Zielgruppe im aktuellen Job? Beispiel: „Genug von überbordender Bürokratie im Klinikalltag?“
  • Benefit statt Jobtitel: Nicht „Wir suchen eine/n Aussendienstmitarbeiter*in“, sondern „Weniger Papierkram & Kaltakquise. Mehr Zeit für Deine Kund*innen“.
  • Storytelling-Elemente: Erfolgsgeschichten echter Mitarbeitender, etwa als Kurzvideo oder Zitat, schaffen Vertrauen und Identifikation.
  • Tonality: Direkt, ehrlich, empathisch – keine leeren Phrasen oder HR-Floskeln.

Wichtig: Die Message muss in wenigen Sekunden zünden – im Social Feed zählt der erste Impuls.

 

Niederschwellige Interaktionen

  • Keine Bewerbung im klassischen Sinne: Kein Lebenslauf, kein Motivationsschreiben, keine Zeugnisse.
  • Lead-Formulare direkt in der Plattform: Beispielsweise Meta Lead Ads, LinkedIn Lead Gen Forms mit vorab ausgefüllten Feldern wie Name, E-Mail, Telefonnummer einsetzen.
  • Automatische Validierungen: Formulare können so konfiguriert werden, dass z. B. ein Pflichtfeld wie «Hochschulabschluss vorhanden?» zwingend beantwortet werden muss. Dynamische Formulare ermöglichen unterschiedliche Wege im Prozess je nach Angaben.
  • 1-Click-Anfragen: Der gesamte Erstkontakt sollte nur wenige Sekunden dauern und ideal für die mobile Nutzung umgesetzt werden.

Wichtig: Niederschwellig heisst aber nicht wahllos. Die Formulare sollen smart vorqualifizieren, ohne die Zielgruppe zu überfordern.

 

Von der Bewerbung zum Lead

In klassischen HR-Prozessen steht das Bewerbungsdossier im Zentrum: Lebenslauf, Zeugnisse, Motivationsschreiben – und dann folgt eine Auswahl aus den Einsendungen. Doch bei Social Recruiting ist der Erstkontakt oft viel niederschwelliger. Die Kandidatinnen und Kandidaten geben lediglich ein paar Daten an – Name, Telefonnummer, E-Mail, vielleicht eine Fachrichtung.
Das heisst: Sie sind (noch) keine Bewerbenden, sondern Leads. Ähnlich wie im Marketing lassen sich diese Leads systematisch einordnen:

 

 

Marketing Qualified Lead (MQL)
Ein MQL zeigt ein erstes, oberflächliches Interesse – etwa durch das Ausfüllen eines Lead-Formulars auf Social Media. Noch unklar ist, ob die Person zur ausgeschriebenen Rolle passt. Die Kontaktaufnahme erfolgt automatisiert oder semi-automatisiert.

 

HR Qualified Lead (HQL)
Der Lead wurde im weiteren Verlauf validiert, etwa durch ein Telefonat oder ein Erstgespräch. Es wurde geklärt, ob grundlegende Kriterien wie Ausbildung, Sprachkenntnisse oder Umzugsbereitschaft erfüllt sind. Die Person wird in einem CRM gepflegt, kategorisiert und ggf. weiterentwickelt.

 

Vom Auswahlverfahren zum Deal Closing

Traditionell ist Recruiting ein Auswahlprozess: Es gibt eine Stelle – und möglichst viele Bewerbende. Ziel ist es, die beste Person auszuwählen.
Im Social Recruiting – insbesondere bei Fachkräftemangel – ist dieses Prinzip nicht mehr zielführend. Denn hier bewirbt sich nicht die Person auf eine Stelle, sondern das Unternehmen bei der Kandidatin oder dem Kandidaten.

 

 

Ärztinnen und Ärzte durch datengetriebenes Recruiting gewinnen

Die Medbase Gruppe stand vor einer anspruchsvollen Aufgabe: Gesucht wurden qualifizierte Ärztinnen und Ärzte im gesamten DACH-Raum – ein Unterfangen, das mit klassischen Recruiting-Ansätzen nicht den gewünschten Erfolg brachte. Der Fachkräftemangel im medizinischen Bereich und die Herausforderung, passiv suchende Talente zu erreichen, verlangten nach einem völlig neuen Vorgehen. Gemeinsam mit der Hutter Consult AG setzte Medbase auf eine datengetriebene, performance-orientierte Social-Recruiting-Strategie – mit messbarem Erfolg.

 

Smarte Kampagnen statt Standardinserate

Mit einem Mediabudget von lediglich 2’870 Franken erzielte Medbase beachtliche 256 qualifizierte Leads. Entscheidend war dabei nicht die Masse, sondern die Qualität. Durch granulare Targeting-Massnahmen auf Meta-Plattformen (Facebook & Instagram) sowie eine gezielte Ansprache von potenziellen Kandidat*innen auf Augenhöhe, konnte ein Funnel aufgebaut werden, der die Stärken des klassischen Marketings mit den Anforderungen moderner Personalgewinnung vereinte.

 

Vom Lead zur Besetzung – effizient und empathisch

Statt auf vollständige Bewerbungsdossiers zu setzen, wurden bewusst nur Basisdaten wie Name, Telefonnummer und E-Mail abgefragt – niederschwellig, aber gezielt vorqualifiziert. Der anschliessende Qualifizierungsprozess orientierte sich an bewährten Prinzipien aus dem Lead Nurturing: automatische Follow-up-Mails, strukturierte Anrufe, SMS-Kontakt und persönliche Gespräche führten dazu, dass innerhalb kurzer Zeit 25 qualifizierte Erstgespräche mit der ärztlichen Leitung geführt und 23 weiterführende Interviews organisiert werden konnten.

Besonders wirkungsvoll war die persönliche Erstansprache durch einen Mediziner – ein Paradebeispiel für authentisches Storytelling und Kommunikation auf Augenhöhe. Das Vertrauen der Zielgruppe konnte so bereits in der ersten Kontaktphase gestärkt werden.

 

Leadgenerierung als strategische Erfolgssäule

Der Ansatz ging weit über die Durchführung einzelner Kampagnen hinaus: Es wurde eine nachhaltige Recruiting-Infrastruktur aufgebaut, die durch Automatisierung, Personalisierung und strategisches Retargeting eine skalierbare Lösung für zukünftige Stellenbesetzungen bietet. Die gezielte Aktivierung von passiv suchenden Talenten, gepaart mit einem durchdachten Lead Management, ermöglichte eine hohe Konversionsrate bei gleichzeitig minimalen Streuverlusten.

Thomas Besmer, Managing Partner bei der Hutter Consult AG, betont die Bedeutung dieser neuen Denke im Recruiting:
«Unsere Performance-Marketing-Strategie in Kombination mit der nötigen Automatisierung hat nicht nur für hochqualifizierte Leads gesorgt, sondern auch die Effizienz und Personalisierung im Prozess maximiert.»

Florian Schrodt von Medbase bestätigt:
„Wir drehen die Perspektive. Nicht mehr: Ich habe hier eine Stelle. Sondern: Ich habe hier einen Kandidaten – wo passt er oder sie bei uns am besten rein?“

 

Drei Learnings aus dem Medbase-Projekt

  • Strategisches Fundament schaffen
    Erfolgreiches Social Recruiting beginnt mit einer fundierten Zielgruppenanalyse und einem klar definierten Business Case – idealerweise gemeinsam mit erfahrenen Agenturpartnern.
  • Empathische Kommunikation aufbauen
    Die Perspektive der Kandidat*innen verstehen und ernst nehmen. Social Recruiting funktioniert nur, wenn der Dialog authentisch, relevant und überzeugend ist.
  • Systematik statt Zufall
    Ein strukturiertes Lead Management – vom ersten Klick bis zum Vorstellungsgespräch – entscheidet darüber, ob aus Interesse auch eine tatsächliche Bewerbung wird.

 

 

Social Recruiting darf nicht nur als kurzfristige Massnahme im Rahmen von Performance-Marketing-Kampagnen verstanden werden. Um wirklich qualifizierte und passende Talente zu gewinnen – und zwar kontinuierlich – braucht es eine nachhaltige, systematische und ganzheitliche Strategie. Hier sind drei zentrale Hebel, die sich besonders bewährt haben:

 

Mitarbeitenden-Netzwerke aktivieren

Persönliche Empfehlungen zählen zu den wirkungsvollsten Massnahmen im Recruiting – insbesondere bei passiv Suchenden. Warum?

  • Vertrauen: Empfehlungen von bestehenden Mitarbeitenden geniessen bei potenziellen Kandidat*innen ein hohes Mass an Glaubwürdigkeit.
  • Reichweite: Mitarbeitende verfügen oft über ein grosses und relevantes Netzwerk auf Plattformen wie LinkedIn oder XING.
  • Zielgruppenpassung: Fachkräfte kennen meist andere Fachkräfte mit ähnlicher Qualifikation – Streuverlust ist gering.

Zur Umsetzung eignen sich hierbei Mitarbeiter-Empfehlungsprogramme mit Anreizen oder Belohnungen sowie Tools, die für eine gezielte Streuung von Stellenanzeigen im Netzwerk der Mitarbeitenden eingesetzt werden. Wichtig ist dabei, dass Empfehlungen als Bestandteil der Recruiting-DNA verankert und in die Unternehmenskultur integriert werden.

 

Silver Medalists reaktivieren: Talente nicht verlieren

Als Silver Medalists gelten Kandidat*innen, die im Auswahlprozess weit gekommen sind, letztlich aber nicht berücksichtigt wurden – oft aus rein situativen Gründen (z. B. nur eine Stelle zu besetzen, Timing nicht ideal, etc.).

Statt diese Kontakte zu verlieren, sollten sie gezielt gepflegt und später reaktiviert werden:

  • Talent Pools aufbauen: Leads und Bewerbungen strukturieren, taggen und kategorisieren.
  • Regelmässige Ansprache: Mit relevanten Informationen (z. B. neue Vakanzen, Events, Branchentrends) in Erinnerung bleiben.
  • Wiederverwertung im Recruiting: Besonders effizient bei sich wiederholenden Profilen (z. B. Pflege, IT, Sales).

Die Vorteile davon zeichnen sich in einer verkürzten Time to Hire ab, da die Eignung bereits teilweise geprüft wurde. Das wiederum führt in der Regel zu geringeren Kosten pro Einstellung. Zudem ergibt sich bei solchen Personen eine persönlichere und effektivere Kommunikation durch bereits vorhandene Vorkenntnisse.

 

Leadpflege automatisieren & personalisieren

Ein modernes Candidate Relationship Management (CRM) ist der Schlüssel zur langfristigen Talentbindung – insbesondere im Kontext von Social Recruiting.

Diese Recruiting CRM-Systeme zeichnen sich durch folgende Funktionen aus:

  • Zentrale Verwaltung: aller Leads mit relevanten Informationen, Tags und Segmentierungen.
  • Automatisierte Kommunikation: via E-Mail, SMS, WhatsApp – mit zeitlich gesteuerten Follow-ups.
  • Personalisierung: durch individuell definierte Lead-Formulare und Zielgruppenlogik.
  • Landingpage-Builder: für spezifische Zielgruppen (z. B. Ärztinnen, Lernende, Tech-Talente).
  • Integration in bestehende Systeme: z. B. durch direkte Schnittstellen zu Meta Lead Ads oder Karriereseiten.

 

Ein nachhaltiger Social-Recruiting-Ansatz bedeutet auch: Weg von der reinen Reichweite und Masse – hin zu präzisem Targeting, relevanten Inhalten und echter Beziehungspflege.

  • Segmentierte Kommunikation: statt Einheitsbotschaft
  • Präzise Zielgruppenansprache: statt Streuverluste
  • Mehrwert für Kandidat*innen: statt Recruiting-Spam

So entsteht ein Recruiting-Prozess, der nicht wie Werbung wirkt, sondern wie ein echter Dialog auf Augenhöhe – genau dort, wo Talente unterwegs sind.

 

 

Wer heute im Recruiting erfolgreich sein möchte, muss mehr bieten als klassische Stellenausschreibungen. Social Recruiting ist kein Add-on, sondern ein zentraler Bestandteil einer modernen HR-Strategie. Der Schlüssel liegt in der Kombination aus datengetriebener Zielgruppenansprache, empathischer Kommunikation und smartem Lead Management.

Wie der Medbase-Case zeigt, lassen sich mit überschaubarem Budget und den richtigen Massnahmen nicht nur viele, sondern vor allem passende Talente erreichen. Dabei zählen nicht nur Reichweite und Klicks, sondern relevante Kontakte, klare Prozesse und eine durchdachte Candidate Journey – vom ersten Scroll bis zur Vertragsunterschrift.

Jetzt ist der Moment, Recruiting neu zu denken – systematisch, skalierbar und immer auf Augenhöhe mit den Talenten.

 

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