Gestern Abend wurde auf der Facebook-Seite des Facebook Data Teams eine interessante Untersuchung von Eytan Bakshy, Itamar Rosenn, Cameron Marlow und Lada Adamic zur Rolle von Social Networks in der Informationsverbreitung publiziert. Diese Untersuchung zeigt auf, dass gerade so genannte “weak ties” (schwache Verbindungen) für die Verbreitung von Trends und Neuigkeiten eine sehr zentrale Rolle […]
Gestern Abend wurde auf der Facebook-Seite des Facebook Data Teams eine interessante Untersuchung von Eytan Bakshy, Itamar Rosenn, Cameron Marlow und Lada Adamic zur Rolle von Social Networks in der Informationsverbreitung publiziert. Diese Untersuchung zeigt auf, dass gerade so genannte “weak ties” (schwache Verbindungen) für die Verbreitung von Trends und Neuigkeiten eine sehr zentrale Rolle in sozialen Netzwerken spielen. Nachfolgend wird auf den publizierten Artikel etwas näher eingegangen.
Einige Menschen behaupten, dass Facebook eine Echokammer sei, in welcher sich alle sozialen Kontakte mit denselben Themen beschäftigen. Die Annahme wird damit begründet, dass auf Grund der Vernetzung – oft mit Gleichgesinnten – Informationen verbreitet und thematisiert werden, die sich um gemeinsame Interessen kreisen. Dadurch würden keine diversifizierten Informationen innerhalb des sozialen Umfelds geteilt werden. Bei einigen Benutzern mag das vielleicht so sein, doch wer ist nur mit Gleichgesinnten verbunden. Oft vernetzt man sich zwar mit Personen, die entweder zum gemeinsamen Freundeskreis gehören oder sich für ähnliche Themen interessieren (strong ties). Jedoch sind viele Facebook-Benutzer auch mit Personen vernetzt, die man nicht sehr gut kennt und sich mit völlig anderen Themen beschäftigen (weak ties). Diese schwachen Verbindungen führen dazu, dass es zu keiner Echokammer in sozialen Netzwerken kommt.
Das Konzept der Strong & Weak Ties wurde durch den amerikanischen Soziologen Mark Granovetter bekannt, der in seiner Studie über “The Strength of Weak Ties” (1973) nachwies, dass die so genannten Weak Ties für die Verbreitung von Informationen relevant sind. Granovetter fand heraus, dass Menschen eher dazu neigen sich für neue Jobs zu bewerben, von denen sie durch Personen mit denen schwache Verbindungen bestehen, das heisst mit denen nur unregelmässig interagiert wird, erfahren haben. Granovetter (1973) meint, dass die Stärke der Verbindungen von folgenden Faktoren abhängig ist:
“The strength of a tie is a (probably linear) combination of the amount of time, the emotional
intensity, the intimacy (mutual confiding), and the reciprocal services which characterize the
tie. Each of these is somewhat independent of the other, though the set is obviously highly intracorrelated”.
(Granovetter 1973: 1361)
Die untenstehende Abbildung zeigt den Unterschied zwischen schwachen (weak ties) und starken (strong ties) Verbindungen. Wenn eine Person mit zwei Personen regelmässig interagiert, werden diese Personen höchstwahrscheinlich auch miteinander interagieren. Menschen neigen dazu dichte Cluster starker Verbindungen zu formen in denen alle miteinander verbunden sind. Das heisst, wir sind mit Kerngruppen verbunden mit denen wir häufig interagieren und mit Kerngruppen schwacher Verbindungen mit denen wir unregelmässig interagieren. Die Kerngruppen mit denen schwache Verbindungen vorhanden sind, führen dazu, dass neue Informationen in die Kerngruppe der Personen mit starken Verbindungen gelangen.
Die neue Untersuchung vom Facebook Data Team hat gezeigt, dass Facebook keine Echokammer ist, da soziale Netzwerke (online) dazu beitragen, dass die Verbreitung von Neuigkeiten und unterschiedlichen Ansichten durch das Vorhandensein von schwachen Verbindungen (weak ties) erhöht wird.
In sozialen Netzwerken kann von der Homophilie gesprochen werden. Bei der Homophilie handelt es sich um eine beobachtbare Tendenz, dass Menschen mit ähnlichen Charakteristiken sich miteinander assoziieren. Gemeinsame Charakteristiken können der Arbeitsplatz, der Beruf, gemeinsame Schulen, Klubs, Hobbies, politische Interessen oder andere Zugehörigkeiten sein. Die Gemeinsamkeiten haben nicht nur einen Einfluss darauf, wie oft Menschen miteinander interagieren, was sie diskutieren, sondern auch welche Informationen sie als Individuen im Web suchen. Gemäss der Homophilie sind Menschen die oft zusammen interagieren einander sehr ähnlich und konsumieren dementsprechend auch eher die gleichen Informationen. Menschen die weniger zusammen interagieren, sind hingegen weniger ähnlich und konsumieren eher unterschiedliche Informationen. Das ist an sich sehr einleuchtend. Zur Illustration dient die nachfolgende Grafik
Bezüglich dem Verbreiten von Webinhalten in sozialen Netzwerken zeigte die Untersuchung auf, dass starke Verbindungen (strong ties) untereinander viele Ähnlichkeiten haben und dadurch auch ähnliche Webseiten besuchen, respektive deren Inhalte teilen. Schwache Verbindungen (weak ties) hingegen mehr Unterschiede aufweisen und dem entsprechend auch andere Webseiten besuchen. Das führt zu einer Informationsdiversität, die für die Verbreitung unterschiedlicher Ansichten, News, Trends, etc. sehr wichtig sind.
Die Untersuchung hat herausgefunden dass wir dazu neigen Informationen von Menschen mit starken Verbindungen eher zu teilen, also solche von Menschen zu denen wir nur schwache Verbindungen aufweisen. Um das nachzuweisen wurde im News Feed (Neuigkeiten) untersucht, wie sich Informationen verbreiten. Je stärker die Verbindung zu Menschen die etwas auf Facebook publizieren, desto eher neigen wir dazu Inhalte zu teilen.
Dieser Zusammenhang kann wieder mit der Annahme der Homophilie (Ähnlichkeit) bei starken Verbindungen erklärt werden. Eine andere Argumentation meint, dass Menschen mit starken Verbindungen Inhalte teilen, da diese einen höheren Einfluss (Influence) auf die Empfänger ausüben wodurch diese eher dazu tendieren entsprechende Informationen mit ihrem sozialen Umfeld zu teilen.
Es wurde untersucht, wie Facebook die Informationsverbreitung verstärkt. Wenn also ein Freund etwas auf Facebook teilt, wie viel wahrscheinlicher wird man die Information auf Grund des Auftauchens im News Feed teilen? Wie die Abbildung aufzeigt ist ein multiplikativer Effekt, abhängig von der Stärke der Verbindung mit einem Freund vorhanden.
Schwache Verbindungen teilen Informationen mit Neuheitsgehalt, welche Menschen ansonsten kaum erhalten würden. Die Grafik zeigt wie viele Male Menschen eher dazu neigen etwas zu teilen auf Grund des Erscheinens in News Feed. Interessanterweise werden Informationen im News Feed von Personen mit schwachen Verbindungen 10-mal eher geteilt als solche von Personen mit denen man eine starke Verbindung aufweist.
In short, weak ties have the greatest potential to expose their friends to information that they would not have otherwise discovered.
Dies zeigt die Wichtigkeit der weak ties noch einmal auf, wenn es um die Verbreitung von Informationen geht, die sich nicht um unsere spezifischen Interessen drehen. Gerade für das Marketing ist diese Feststellung sehr wichtig. So können sich neue Produkte und Trends effektiv innerhalb unserer sozialen Verbindungen verbreiten und damit die Awareness gesteigert werden. Selbstverständlich gibt es auch andere Implikationen, doch gerade dieser Bereich ist für den kommerziellen Einsatz von Facebook höchst interessant. Denn innerhalb sozialer Netzwerke geniessen Informationen von unabhängigen Dritten eine höhere Glaubwürdigkeit als solche die von Unternehmen selbst kommen.
Wie beeinflussen die Netzwerkeffekte die Verbreitung von Informationen als Ganzes? Auch wenn Menschen dazu neigen Informationen von Personen, zu denen sie eine gewisse Nähe aufweisen, eher zu teilen, sind es die Kontakte mit schwachen Verbindungen (weak ties) die kollektiv für die Informationsverbreitung verantwortlich sind. Der Grund dafür ist offensichtlich: Die Mehrheit unserer Kontakte können den weak ties zugeordnet werden. Zahlenmässig sind also die Personen mit schwachen Verbindungen denjenigen mit starken Verbindungen überlegen. Auch wenn wir eher Informationen von starken Verbindungen teilen, macht der Anteil der schwachen Verbindungen die Mehrheit aus. Dadurch werden auf Facebook mehrheitlich Informationen von unseren schwachen Verbindungen geteilt.
The figure above illustrates how a majority of influence (orange) can be generated by weak ties, even if strong ties are individually more influential.
Entgegen vieler Meinungen sind die Informationen, die wir auf Facebook konsumieren viel unterschiedlicher als bisher angenommen.
We are exposed to and spread more information from our distant contacts than our close friends. Since these distant contacts tend to be different from us, the bulk of information we consume and share comes from people with different perspectives. This may provide some comfort to those who worry that social networks are simply an echo chamber where people are only exposed to those who share the same opinions.
Facebook kann folglich als relevante Plattform für das Teilen von Neuigkeiten und Trends und unterschiedlicher Meinungen angesehen werden, welche eine diversifizierte Informationsverarbeitung ermöglicht. Auch aus eigener Erfahrung kann ich feststellen, dass Informationen mit neuheitsgehalt vermehrt von Kontakten, zu denen ich eher schwache Verbindungen aufweise, stammen. Mit dieser Untersuchung konnten einige Vorurteile wiederlegt werden. Was jedoch an dieser Stelle noch erwähnt werden muss ist, dass der Edge Rank (Algorithmus) von Facebook, der dazu führt, dass gerade Informationen zu starken Verbindungen (strong ties) im News Feed eher angezeigt werden. Mehr zu Edge Rank findet ihr hier.