12.07.2018 YouTube

TV-Werbung vs. Video Ads: Nicht Replay ist das Problem

Die aktuelle Diskussion in der Schweiz, dass das zeitversetzte Fernsehen gesetzlich eingeschränkt werden soll, bringt einige interessante Fakten zur TV-Nutzung und TV-Werbung ans Licht. Und zeigt wieder einmal mehr, dass sich TV-Werbung für Werbetreibende nur bedingt lohnen.

Thomas Besmer
4 Min. Lesezeit
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Die aktuelle Diskussion in der Schweiz, dass das zeitversetzte Fernsehen gesetzlich eingeschränkt werden soll, bringt einige interessante Fakten zur TV-Nutzung und TV-Werbung ans Licht. Und zeigt wieder einmal mehr, dass sich TV-Werbung für Werbetreibende nur bedingt lohnen.

Um was geht es überhaupt? In der Schweiz gibt es keine gesetzliche Grundlage für das verbreiten von TV-Signalen. So haben die Swisscom, Sunrise und UPC seit längerem Angebot im Portfolio, welche ermöglichen, Sendungen zeitversetzt zu schauen. So kann beispielsweise bei Swisscom bis zu sieben Tagen zurück auf fast allen Sendern das Programm erneut abgespielt werden. So stehen dem Nutzer im Schnitt mehr als 30’000 Filme, Dokumentationen und Nachrichtensendungen bereit, welche er je nach Lust, Laune und Zeit betrachten kann.

Empörung über Replay

Replay und TV auf Abruf – in der Schweiz weit verbreitet. (Photo by Jens Kreuter on Unsplash)

Replay und TV auf Abruf – in der Schweiz weit verbreitet. (Photo by Jens Kreuter on Unsplash)

Die Interessengemeinschaft Radio und Fernsehen (IRF) möchte diesen Umstand, dass die TV-Verbreiter auf Kosten der TV-Sender diese Dienste anbieten, eine gesetzliche Grundlage schaffen. Mit dem Ziel, dass die TV-Sender selbst entscheiden können, zu welchen Konditionen die Inhalte den TV-Verbreitern angeboten werden.

Die IRF beklagt sich dabei, dass den TV-Sendern pro Jahr mehr als CHF 100 Millionen Werbegelder entgehen. Die Konsumentenschützer gehen jedoch davon aus, dass sich durch die gesetzliche Verankerung die Kosten für solche TV-Angebote steigen werden. In einem Interview auf Watson nimmt die Vertreterin des IRF, Andrea Werde, ausführlich Stellung:

“Man [überspringt Werbung] fast reflexartig, da die Funktion bequem per Knopfdruck zur Verfügung steht. Es ist für mich durchaus nachvollziehbar, dass die Konsumenten die Werbung überspringen, wenn ihnen die Möglichkeit angeboten wird. “

Aktuell nutzen rund 25% der Schweizer das zeitversetzte Fernsehen. In der Primetime zwischen 19 und 23 Uhr sind es sogar 30%. Auch wird erwähnt, dass rund 60% bis 80% der Zuschauer die Funktion nutzen und die Werbung überspringen.

Wie effektiv sind TV-Ads?

Nehmen wir nun die oben erwähnten Zahlen, so ist ersichtlich, dass ein Teil der gebuchten Werbeeinblendungen bei TV-Sendern gar nie durch die Zielgruppe konsumiert wird, sondern einfach übersprungen bzw. nicht beachtet wird.
Oder anders gesagt, wird ein Teil des Mediaspendings einfach «verbrannt» und erreicht nicht wie geplant die Zielgruppe.

Als Rechenbeispiel beziehe ich mich auf den durchschnittlichen TKP (Tausend-Kontakt-Preis) bei TV-Werbung für einen 30-Sekunden Spot in Deutschland gemäss Statista von € 17.95. In meinem Besipiel gehe ich nun davon aus, dass der TKP in der Schweiz nicht gross variiert.

Nehmen wir nun an, dass von den 25% der 1000 Zuschauer rund 60% die Werbung überspringen, erreicht man effektiv nur 850 Personen. Wenn nun der TKP angeglichen wird, sind wir bei einem TKP von € 20.64.In der Primetime steigen die Kosten pro Kontakt weiter an.

Messbarkeit der Werbung

Wer auf Facebook Video Ads für € 20.64 schaltet, erreicht rund 4’580 Einblendungen mit einem pessimistischen TKP von €4.50, sprich Impressionen bei Personen, die aktuell am Gerät sind und sich die Anzeige anschauen. Auch bei Youtube, welches täglich rund 65% der Schweizer Bevölkerung erreicht, liegt der durchschnittliche TKP unter € 4.50. Zudem liefert Facebook, wie auch Youtube, eine Vielzahl von weiteren Daten, welche zur Erfolgsmessung beigezogen werden können. So zeigen beide Plattformen, wie viel Nutzer Videos bis zu gewissen Prozentschritten (25%, 50%, 75%, 95% und 100%) betrachtet haben.

Diese Daten liefern wertvolle Erkenntnisse, um einen Werbespot zu optimieren. Mit Hilfe der Zahlen kann auch analysiert werden, wie durchdacht der Spot von der Krea-Agentur erstellt und umgesetzt wurde. Ein weiterer Vorteil von Online Video Ads, Facebook und Youtube verrechnen erst, wenn das Video zu 10 Sekunden bzw. auf Youtube zu 30 Sekunden geschaut wurde. Also bezahlen Werbetreibende für die effektiven Impressions und nicht anhand von gerechneten Potentialen.

Impressions und Reichweite statt Kontakte 

Vergleicht man die beiden Kanäle weiter zeigen sich zusätzliche Unterschiede. So verrechnet Facebook nicht nur die Impressions, sondern auch die effektive Reichweite. Also anstatt wie häufig wird die Werbung angezeigt, wie viele Personen haben die Werbung gesehen. Facebook erlaubt zudem unterschiedliche Auslieferungshäufigkeiten der Video Ads, man kann bei der Social Plattform angeben, wie oft eine Person das Video sehen soll.

Ein letzter wichtiger Punkt für Marketers: Fakten, statt Schätzungen. Statt mit Hochrechnungen zu arbeiten, welche für die Erfolgsmessung von TV-Werbung genutzt werden (GPR, OTS etc.), gibt es bei Social Ads eindeutige Zahlen, die klar aufzeigen, wie erfolgreich ein Video Ad war oder eben nicht.

Bei einem Online Business gehen die Analysemöglichkeiten so weit, dass beispielsweise bei einem Onlineshop im Nachgang zur Kampagne aufgezeigt werden kann, wie viel Umsatz Personen im Shop gemacht haben, welche das Video Ad gesehen haben. Zahlen, welche die TV Sender und -Vermarkter nicht hinbekommen.

Besseres Tracking, bessere Werbung

In der ganzen Diskussion geht es um zusätzliche Abgaben der TV-Verbreiter an die TV-Sender. Und diese zusätzlichen Abgaben bezahlt schlussendlich der Konsument. Wäre es nicht besser für die TV-Industrie, statt über zusätzliche Abgaben über die Verbesserung des TV Trackings zu diskutieren. Wenn man schon messen kann, wie viele Zuschauer die Werbung überspringen, sollte man auch messen können, wie viele Nutzer welche Werbung wann und wie oft gesehen haben. Wann der Nutzer während einer Werbung angefangen hat vorzuspielen oder den Sender gewechselt hat. Alles Indikatoren, welche die Qualität der TV-Werbung verbessern und so unter Umständen die Zuschauer auch länger auf Werbung verweilen lässt.

Ich bin kein Spezialist für TV-Werbung und schaue selten lineares Fernsehen. Aber ein Credo habe ich seit 2011. Ich investiere mein Marketingbudget in keine Werbeform, bei der ich während oder im Nachgang zur Kampagne den Erfolg dieser nicht mit klaren Kennzahlen belegen oder wiederlegen kann.

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