14.10.2022 Diverses

Digital Marketing: Welche Fragen eine Strategie beantworten soll

«Strategie ohne Taktik ist der langsamste Weg zum Sieg, Taktik ohne Strategie ist der Lärm vor der Niederlage.» – Dieses rund 3’000 Jahre alte Zitat hat heute noch Bestand, wenn Unternehmen ihre Aktivitäten planen. Eine Strategie stellt nicht nur einen Fahrplan dar, sondern beantwortet auch elementare Fragen – nur welche? Das verraten wir euch hier.

Markus Edelberg
10 Min. Lesezeit
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Im Facebook Marketing Leitfaden erläuterten wir bereits ein Vorgehen, welches sich im Grossen und Ganzen auch für eine Digital Media Strategie eignet. Heute gehen wir spezifisch auf die einzelnen Punkte und Bestandteile einer Strategie und der Frage nach dem «Warum» ein. Ohne die Frage nach dem Warum zu stellen, erzeugen Unternehmen einen Fahrplan ohne Verständnis: Eine Digital Marketing Strategie stellt kein «Malen nach Zahlen»-Bild dar, sondern soll Fragen beantworten, welche die Umsetzung erleichtern.

Unterschied zwischen Strategie und Konzept

Häufig werden die Begriffe Strategie und Konzept in einen Topf geworfen, was bei genauerer Betrachtung Probleme mit sich bringen kann:

Strategie und Konzept unterscheiden sich in ihrer Platzierung: Konzepte transferieren Elemente der Strategie – meistens (Kern-)Massnahmen – in konkrete Handlungspläne, während eine Strategie zentral angesetzt ist und die generelle Platzierung innerhalb der Unternehmensstruktur definiert. Strategien sind längerfristig ausgerichtet, während Konzepte dynamischer auf konkrete Begebenheiten abzielen (beispielsweise eine Werbekampagne).

Vermischt man nun diese zwei unterschiedlichen Werkzeuge, steht man schnell vor dem Problem, dass kurzfristige Anpassung eines konzeptionellen Teils weitreichende Änderungen in der Strategie nach sich ziehen können – was dann zwangsläufig in die nächsten konzeptionellen Ansätze hineinwirken. Eine nicht-funktionale und unübersichtliche Situation steht also vor der Türe – plus einer hohen Fehlerquote und häufig auftretenden Inkonsistenzen.

Hierarchisch steht die Strategie oberhalb der jeweiligen Konzepte, welche Elemente der Strategie in konkrete Umsetzungen bringen.

Aufbau einer Strategie

Der Aufbau einer Strategie folgt stets einer Logik, welche Schritte aufeinander aufbaut. Auch wenn einzelne Unterpunkte variieren, so bleibt der generelle Rahmen und die beantworteten Fragen gleich.

Die Ausgangslage

IST-Situation

Die Ausgangslage soll dem Unternehmen möglichst selbstkritisch und reflektiert aufzeigen, wo es steht und welche Probleme eines unternehmerischen Bereichs mit der nachfolgenden Strategie angegangen werden sollen.

In der IST-Situation geht es rein um das «Heute»: Wo stehen wir? Welche Probleme sind identifiziert? Wieso ist die Digital Marketing Strategie notwendig? Verantwortliche Strategen zeigen somit den Grund auf, weshalb die Strategie überhaupt entsteht. Dieses Element soll nicht den Umfang eines Romans erlangen, sondern kurz und knapp auf die aktuelle Lage eingehen.

Bestandteil der IST-Situation ist immer auch die Betrachtung einzelner Einflussfaktoren anhand einer SWOT-Analyse (Strength, Weakness, Opportunity sowie Threats). Die SWOT-Analyse ist ein klassisches und effektives Werkzeug der Positionsbestimmung anhand interner (Stärken und Schwächen | Unternehmensanalyse) sowie externer (Chancen und Risiken | Umfeldanalyse) Einflussfaktoren.

Die einzelnen Kategorien der sind hierbei unkompliziert erfassbar:

  • STRENGTHS | Stärken
    Verfügen wir über innovative Produkte? Eine hohe Qualität? Besitzen wir Standorte in Kundennähe?
  • WEAKNESSES | Schwächen
    Befinden wir uns in einer hohen Abhängigkeit von externen Partnern? Verfügen wir nur über enge personelle Ressourcen? Besitzen wir wenig internes Know-how?
  • OPPORTUNITIES | Chancen
    Entwickelt sich die Gesellschaft in eine Richtung, die uns relevanter macht? Können wir neue strategische Partnerschaften eingehen? Sind Wettbewerber aus dem Markt verschwunden?
  • THREATS | Risiken
    Verändert sich die gesetzliche Marktsituation zu unseren Ungunsten? Erschienen neue und starke Wettbewerber im Markt? Besteht die Gefahr, wichtige Know-how-Träger im Unternehmen zu verlieren? Erlitten wir einen Imageschaden?
SWOT-Analyse

SWOT-Matrix 

Ist die SWOT-Analyse erstellt, kann ein Unternehmen hieraus gut ableiten, welche strategische Ausrichtung das zukünftige Handeln haben muss. Sei es der Einsatz eigener Stärken zur Nutzung von Chancen oder die Kompensation der Schwächen zur Reduktion der Gefahren. Die IST-Situation in Verbindung mit der SWOT-Analyse hilft dem Unternehmen, die strategische Entwicklung in die richtige Stossrichtung zu entwickeln.

SOLL-Situation

Mit der SOLL-Situation formuliert ein Unternehmen, welche gewünschte Situation durch die Einführung und Umsetzung der Strategie aus der IST-Situation erreicht werden soll. Nach der Antwort auf die Frage «Wo stehen wir jetzt?» erhalten Unternehmen die Antwort auf das «Wohin wollen wir am Ende kommen». Auch hier ist es nicht notwendig, einen Romanumfang zu erreichen, sondern auf unkomplizierte Weise die gewünschte Situation zu skizzieren, die mittels der Strategie erreicht werden soll.

Die Einleitung erlaubt es also Beteiligten sofort zu verstehen, was für ein Dokument sie vor sich haben und welchen Zweck dies für den jeweiligen (Teil-)Bereich des Unternehmens erfüllen soll. Leser sollen danach auch ohne vorheriges Wissen über ein grundsätzliches Verständnis für das Thema verfügen.

Funktionale Strategie

Die funktionale Strategie ist das fachliche Herzstück des Dokuments, welches in einzelnen Teilen die Frage «Wen möchte ich wie und wo erreichen und wie messe ich meinen Erfolg?». Hierbei ist es wichtig, die einzelnen Teilfragen einzeln zu beantworten, da sich einzelne Elemente immer wieder verändern können oder optimiert werden müssen. Sei es aufgrund externer Faktoren wie einer Veränderung im Markt oder internen Faktoren, welche beispielsweise auf Ressourcenschwankungen oder Produktentwicklungen basieren.

Zielgruppen

«Marketing, das alle ansprechen will, spricht niemanden an!» – dieser Satz muss bei der Segmentierung der eigenen Zielgruppen immer der Startpunkt sein. Für die Art und Weise, wie man seine Zielgruppen segmentiert, findet Ihr die Ansätze in unserem Blogartikel «Frauen ab 40 ist keine Zielgruppe». Aber wieso müssen Zielgruppen überhaupt segmentiert werden? Manche Produkte und Dienstleistungen sind doch für jeden Menschen geeignet oder notwendig?

Auch wenn Produkte oder Dienstleistungen für jeden Menschen notwendig sind – beispielsweise der ÖPNV – muss dennoch die Zielgruppe spezifisch angesprochen werden. Während junge Menschen mangels Führerscheines auf den ÖPNV zurückgreifen oder um auf einer Party auch ein, zwei Bier mehr trinken zu können, nutzen erwachsene und ältere Menschen diesen gerne auch als ökologische Alternative zum KFZ. In einem Zug können also drei Personen sitzen, die von zu Hause in die Arbeit fahren – und jede der Personen greift aus einem anderen Grund auf den Zug zurück. Zielgruppen setzen also im besten Fall Handlungsmotive in den Fokus, um eine möglichst individuelle Ansprache und passgenaue Massnahmen zu ermöglichen.

Es ist aber nicht empfehlenswert, dies an unpräzisen demografischen Merkmalen festzumachen – beispielsweise der GenZ. Bezeichnungen wie GenZ oder «Silver Surfer» vermitteln eine scheinbare Gruppenhomogenität, die schlicht nicht existiert. Die GenZ tickt zwar anders als Gen Y oder die Boomer – ist aber weder hetero- noch homogener als irgendeine andere Generation vorher (auch wenn jede Generation das gerne von sich behauptet hat, behauptet oder behaupten wird). Gen-irgendwas spiegelt also nur wider, in welchem Zeitraum eine Person geboren wurde – mehr nicht. Niemand kann daraus ableiten, dass diese Generation ökologischer/nachhaltiger denkt, als es die alte «68er-Generation» getan hat. Diese Falle gilt es für Marketer zu vermeiden.

Kernziele

Kernziele schaffen den Rahmen für SMARTe operative Ziele und müssen immer auf den übergeordneten unternehmerischen Zielen basieren beziehungsweise auf diese einzahlen. Kernziele müssen – im Unterschied zu operativen oder taktischen Zielen – nicht SMART formuliert werden, da es noch nicht um konkreten Leistungsziele handelt. Kernziele definieren den Bereich, den taktisch-operative Zieldefinitionen später füllen sollen. Kernziele entsprechen der privaten Fragestellung, ob man Urlaub in den Bergen oder am Meer machen möchte. Es geht an dieser Stelle noch nicht darum, ob die Familie dann an den Indischen Ozean in Kenia mit einem Maximalbudget von 1’000 Franken pro Person reisen möchte. Dies findet sich erst später in der zugehörigen Konzeption wieder, welche als Teilmassnahme der Umsetzung erarbeitet wird.

Bezogen auf das Digitale Marketing kann hier beispielsweise der Transfer der Unternehmenswerte in die sozialen Netzwerke und das zugehörige «Grundrauschen» der Marke genannt werden. Ob es hierfür direkte Kennzahlen und KPI (Siehe hierzu die Artikel von Thomas Hutter «Wer nochmal KPI sagt, fliegt raus» und «Falsche KPI und sinnloses Benchmarking») oder ob die Erreichung des Ziels von mehreren Kennzahlen abgeleitet werden muss, ist hierbei nachrangig, da Konzepte und konkrete operative Massnahmen ein Ergebnis produzieren, welches sich mit den Kernzielen abgleichen lässt.

Unternehmen wissen somit, in welchem Bereich sich die Ziele bewegen (qualitativ oder quantitativ) – beziehungsweise bewegen werden und müssen, um einen unternehmerischen Erfolg erzielen zu können.

Kernmassnahmen

Vergleichbar mit den Kernzielen bewegen sich die Kernmassnahmen: Hier werden ebenfalls keine einzelnen Handlungsschritte und Zwischenstufen abgebildet, sondern der Rahmen geschaffen, in dem sich später durchgeführte Detailmassnahmen planen und durchführen lassen. Unternehmen und Marketer erhalten also ein Verständnis dafür, in welchem Bereich gehandelt werden muss, um die unternehmerisch relevanten Ziele erreichen zu können. Verantwortliche wissen also, dass die Büroräume renoviert werden müssen, – ob nur die Wände gestrichen werden müssen und falls ja, in welcher Farbe oder ob auch die Bodenbeläge eine Erneuerung benötigen, ist hierbei noch irrelevant.

Eine mögliche Kernmassnahme wäre beispielsweise:

Integration einer einheitlichen und dem strategischen Rahmen entsprechender Tracking-Infrastruktur sowie Aufbau zugehöriger Dashboards und Reportings

Plattformarchitektur

Kein Unternehmen muss auf jeder Plattform präsent sein! An diesem Punkt müssen sich Unternehmen und Marketer die Frage stellen: Wo ist unsere Zielgruppe aktiv? Wo können wir unsere Ziele erreichen?

Nur durch einen entsprechenden strategischen Fokus bei der Wahl der Distributionskanäle verhindern Unternehmen die unnötige Vergeudung von Ressourcen in die falschen Plattformen. Eine strategische Herangehensweise an die Plattformarchitektur reduziert auch die relativen Kosten des eigenen Engagements, wie wir anhand des Beitrags «Organisch ist zu teuer – Schalte Ads!» vorgerechnet haben. Da Beiträge immer an die plattformspezifischen Anforderungen hin erstellt werden sollen (aus technischer Sicht genauso wie aus der Position des Nutzerverhaltens einer Zielgruppe), lässt sich die Beispielrechnung grundsätzlich gut auf jeden Kanal hin adaptieren.

Zum jetzigen Zeitpunkt können Marketer also sagen, dass ihnen bekannt ist, wo ihre Zielgruppe zu finden ist und auf welche Plattformen sich das Engagement des Unternehmens fokussieren soll.

Erfolgsmessung | Tracking-Infrastruktur und Reporting

Jegliche Planung bringt aber nichts, wenn sich Unternehmen nicht überlegen, wie die gestellten und dann beantworteten Fragen auch ausgewertet werden können. Dies erfolgt in mehreren Teilfragen, welche am Ende Antworten auf die Gesamtfrage «Waren wir erfolgreich?» liefern:

Welche Metrik sagt uns, ob wir ein Ziel erreicht haben oder nicht? Hier lösen wir relevante Kennzahlen aus dem Pool der Metriken heraus und erhalten einen KPI, der Informationen zur Zielerreichung und dem Grad dieser Zielerreichung bereitstellt.

Wo und auf welche Weise erhalten wir die relevanten Metriken überhaupt? Genügt hier Google Analytics? Oder benötigen wir zusätzliche Messmethoden wie die Meta Conversion API oder das TikTok Pixel? Digitales Marketing kann seinen Vorteil, nahezu jede Massnahme messbar abbilden zu können, nur dann ausspielen, wenn Unternehmen sich mit der entsprechenden Tracking-Infrastruktur beschäftigen und diese auf die definierten Ziele hin ausrichten.

Beim Reporting werden die erhaltenen Kennzahlen und KPI sowie deren Attributionsfenster (7 Tage, 30 Tage, per Quartal, etc.) in eine Berichtsform gebracht, welche mittels übersichtlicher Darstellung erzeugte Metriken filtern und verständlich abbilden. Zum Reporting gehören entsprechende Reporting-Zyklen, damit Daten vollständig und aussagekräftig analysiert werden.

Im Rahmen der Erfolgsmessung liefert die präzise Ausarbeitung also nicht nur die Antwort auf die Frage, ob ein Unternehmen mit ihrer Strategie erfolgreich ist, sondern gibt zeitlich die Antwort auf die Frage, was ein Unternehmen, wo auf welche Weise und in welchem Rhythmus auswerten muss, um zu sehen, ob sie ihr Handeln erfolgreich ist.

Umsetzung und Organisation

«Wer macht was?» ist das zentrale Element dieses Abschnitts, denn ohne spezifische Ansprechpartner zu definieren, können Unternehmen eine Strategie nicht umsetzen – zumindest nicht gezielt oder planbar. Hierbei werden Rollen und Zuständigkeiten definiert, welche alle Stakeholder zu den jeweiligen Ansprechpartnern verbinden. Der Einfachheit halber empfiehlt es sich, eine Kombination von klassischem Organigramm und einer Matrix zu nutzen, um Massnahmen, Ansprechpartner und zugehörige Prozesse klar und unmissverständlich zu vermitteln.

Roadmap | Ablaufplan

Die Roadmap selbst beantwortet zwar keine direkte Fragestellung, bringt aber die vorhergehenden Antworten der unterschiedlichen Fragestellungen in eine grafische Darstellung der einzelnen Schritte und Massnahmen als zeitliche Abfolge. Dies hilft dabei, Kollisionen einzelner Massnahmen oder das Übersehen von Abhängigkeiten zu vermeiden. Dies erhöht die Effizienz, Planbarkeit und die Klarheit des Projekts als Ganzes.

Fazit

Sun Tzu wusste bereits 500 Jahre vor Christus, dass eine Strategie ohne Taktik der langsamste Weg zum Erfolg und die Taktik ohne Strategie lediglich der Lärm vor der Niederlage ist. Eine Strategie ist immer die Ausgangsposition des Handelns – egal wie gross oder klein ein Unternehmen sein mag. Leider unterschätzen viele Marketer den Umfang und die Arbeit hinter einer Strategie und ohne das Verständnis für die Fragen, welche sie beantworten soll, erstellt man lediglich ein Dokument mit Informationen die wenig, bis keinen Bezug zur Realität haben und somit wichtiger und effizienter klingen, als sie es sind.

Eine Strategie muss für das Unternehmen die richtigen und passenden Antworten liefern – das kann sie aber nur, wenn man vorher die richtigen Fragen stellt. Marketer, die eine hochwertige und effiziente Strategie erstellen wollen, müssen dazu tief in die Seele des Unternehmens springen und – gerade beim Punkt der Ausgangslage – auch die ein oder andere schmerzhafte Frage stellen.

Kombiniert der Marketer bei der Erarbeitung der Strategie aber die richtigen Fragen mit der Disziplin einer Abgrenzung zum Konzept, erhalten Unternehmen nicht einfach nur eine Strategie in einem Dokument – sondern tatsächlich einen intuitiven Fahrplan, an dessen Ende der Erfolg steht.

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